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Evakuierte Kinder aus den Grenzgebieten gehen wieder zur Schule – in Jerusalem

in Israel Zwischenzeilen/Leben, Kultur & Sport

Kinder und Jugendliche die aus den Grenzorten Shlomi und Kiryat Shmona im Norden und Sderot nahe der Grenze zum Gazastreifen in ein Hotel in Jerusalem evakuiert wurden, gehen nun endlich nach Wochen des Wartens wieder zur Schule. Dutzende von ihnen
gehen nun in eine improvisierte Schule für die Mittel- und Oberstufe namens Kedem, benannt nach Tamar Kedem Siman Tov, die bei dem Angriff der Hamas auf den Kibbuz Nir Oz in der Nähe von Gaza in ihrem Haus ermordet wurde. Die Schule befindet sich in einem verlassenen Bibliotheksgebäude auf dem Givat-Ram-Campus der Hebräischen Universität.

Für viele der älteren Kinder und Jugendliche ist es das erste Stückchen Normalität seit den Massakern vom 7. Oktober.

Für evakuierte Vorschulkinder und Grundschüler wurden gleich nach Kriegsbeginn Schulen eingerichtet – zunächst von Freiwilligen, bevor das Bildungsministerium die Leitung übernahm. Für ältere Schüler verzögerte sich die Rückkehr in die Schule jedoch. Jugendbewegungen und Freiwillige boten schnell eine Vielzahl informeller Aktivitäten an. Doch das Fehlen der Schule forderte seinen Tribut. „Es war ein Vakuum“, sagt Tomer Grossman, der für das Bildungsministerium in Jerusalem zuständig ist. Jetzt kehren nach und nach auch die Schüler der Sekundarstufe zur Schule zurück. Aber das ist nicht immer einfach. Viele der Schüler leben seit dem 7. Oktober mit ihrer gesamten Familie auf engstem Raum, oftmals teilen sie sich gerade einmal ein Hotelzimmer mit ihren Eltern und Geschwister. Dazu kommen die noch völlig unverarbeiteten Erfahrungen des Massakers. Und den Eltern geht es oft nicht besser.

Vorschulkinder und die meisten Grundschüler besuchen die Schule in ihren Hotels, aber ältere Kinder sind an verschiedenen Orten in Jerusalem untergebracht. Das ermöglicht es ihnen, dem Druck der Hotels für ein paar Stunden zu entfliehen, kann aber auch zu Ängsten und anderen Problemen führen. „Es gab Eltern, die sagten, sie hätten Angst, ihre Kinder in einen anderen Teil Jerusalems zu schicken“, erzählt Brenda Horwitz-Prawer, die Direktorin der neuen Kedem-Schule der Haaretz, „Einige haben um eine Eskorte der Grenzpolizei gebeten. Und jeder Terroranschlag, selbst wenn er auf der anderen Seite der Stadt stattfindet, verängstigt die Eltern und führt dazu, dass weniger Kinder zur Schule kommen.“

Redakteurin Katharina Höftmann Ciobotaru arbeitete im Auslandsbüro der dpa in Tel Aviv und für die WELT ONLINE. Sie lebt als freie Journalistin und Buchautorin in Tel Aviv («Guten Morgen Tel Aviv», «Die letzte Sünde»).

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