MAGAZIN – LEBEN IN ISRAEL

70 Jahre Schweiz und Israel: Ein Rückblick

in Die Schweiz in Israel/Israel Zwischenzeilen

Noch bevor die Schweiz Israel am 25. Januar 1949 anerkannte und ihr erstes Konsulat in Tel Aviv eröffnete, gab es bereits eine Verbindung zwischen den Ländern: Die Gründung des Staates Israel ist nämlich ganz eng mit der Schweiz verknüpft: Der erste Zionistenkongress fand 1897 in Basel statt…

Theodor Herzls „Basler Programm“ sollte die zionistische Politik bis zur Staatsgründung Israels entscheidend prägen. 1946 fand der letzte Zionistenkongress in Basel und generell außerhalb Israels statt – als der jüdische Staat nur wenige Jahre später Wirklichkeit wurde, tat sich die Schweiz anfangs nicht nur mit der sozialistischen Ausrichtung des Landes, sondern auch seiner Rolle in der Weltpolitik schwer.

Theodor Herzl, 1901 auf dem Balkon des Hotels „Drei Könige“ in Basel; (Bild: Fotodatenbank der isr. Regierung)

Doch die relativ frühe Anerkennung 1949 sollte belohnt werden: Schon 1951 war die Schweiz nach den USA und Grossbritannien der drittgrößte Lieferant Israels. Im selben Jahr 1951 gründeten Schweizer das Kinderdorf Kiriat Yearim in der Nähe Jerusalems. Das Dorf gab zuerst jüdischen Waisenkindern, die den Holocaust überlebt hatten, in Israel ein Zuhause, später nahm es unter anderem Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion auf. Das Dorf gibt es bis heute und bis heute bietet es Kindern aus benachteiligten Familien ein Zuhause.

Es folgten Jahre freundschaftlicher Beziehungen. Als am 15. Dezember 1957 die Gründungsversammlung der Gesellschaft Schweiz-Israel stattfand, trug das dazu bei, die proisraelische Stimmung, vor allem in der Deutschschweiz, zu verstärken. 1958 eröffnete die Schweiz ihre Botschaft in Tel Aviv. Aber antisemitische Stereotype verschwanden nie ganz aus der Öffentlichkeit, Rückschläge oder auch die mangelnden Proteste der Schweizer Regierung gegen die Forderungen arabischer Staaten, Israel zu boykottieren, belasteten die schweizerisch-israelischen Beziehungen.

1951 pflanzt die erste Generation von Kindern im Dorf Kiriat Yearim Bäume (Bild: Presse Kiriat Yearim).

Trotzdem hatte sich Israel bis 1965 bereits zum wichtigsten Handelspartner der Schweiz im Nahen Osten entwickelt. Nach dem Sechs-Tage-Krieg wuchs auch die Begeisterung der Schweizer Offiziere für den jüdischen Staat: Dass ein kleines Land, so gross wie die Schweiz, einen solchen militärischen Erfolg verbuchte, stärkte den Mythos der Schweizer „Reduitstrategie“. Es waren die Folgen dieses Krieges, die tausenden Palästinenser, die danach erneut zu Flüchtlingen geworden waren, die die Einstellung der Schweiz Israel gegenüber sukzessive änderten. 1968 beschrieben die

Knesset-Sprecher Kadish Luz (re) und Schweizer Nationalratspräsident – und späterer Bundesrat – Pierre Graber (Mitte) am Flughafen in Tel Aviv (Bild: Fotodatenbank der isr. Regierung)

„Zürcher Nachrichten“ das Vorgehen Israels als „Gestapo-Methoden“, es begann ein Umdenken, das schließlich auch zu einem Meinungsumschwung in der Öffentlichkeit führte. Verstärkt wurde dies durch die Tatsache, dass die Schweiz in den folgenden Jahren immer mehr ins Fadenkreuz palästinensischer Terroristen geriet. Und spätestens nach dem Jom-Kippur-Krieg wurde das Image Israels in der Schweizer Öffentlichkeit deutlich schlechter. Die Bereitschaft, die eigene Politik an arabische Forderungen anzupassen, stieg – auch aus wirtschaftlichen Beweggründen.

Im Mai 1979 wurde im Schweizer Fernsehen die Serie Holocaust ausgestrahlt: Die Serie war nicht nur ein Publikumserfolg, sie führte auch dazu, dass man sich erstmals ernsthaft mit der Rolle der Schweiz im Holocaust beschäftigte. Gleichzeitig näherten sich die Schweiz und Offizielle der PLO immer mehr an. Vor allem der Libanonkrieg brachte einen neuen Anti-Zionismus in der Schweiz hervor, der in gewissen Kreisen bis heute aktuell ist.

Der Schweizer Bundespräsident Flavio Cotti besucht gemeinsam mit dem israelischen Bildungsminister Yitzhak Levy das Holocaust-Museum Yad Vashem in Jerusalem bei seinem Besuch 1998 (Bild: Fotodatenbank der isr. Regierung)

Die wirtschaftlichen Beziehungen blieben weiterhin stabil: In den 80er-Jahren stellten die Exporte nach Israel (Maschinen, Uhren, chemische Erzeugnisse, elektronische Geräte) zwischen 1,2 und 1,8 Prozent des Gesamtexports der Schweiz dar. Ab 1993 wickelten sich die Handelsbeziehungen im Rahmen des Freihandelsabkommens zwischen Israel und der Efta ab. 2003 gingen 1,6 Prozent der israelischen Exporte (Edelmetalle, Schmuck, pharmazeutischen Produkte) in die Schweiz, die ihrerseits 6,2 Prozent der israelischen Importe stellte.

Heute sind die schweizerisch-israelischen Beziehungen weitestgehend sehr positiv. Es gibt einen regen Austausch, sowohl auf politischer als auch auf wirtschaftlicher Ebene. Mit einem Handelsvolumen von fast 5 Milliarden Euro ist die Schweiz viertwichtigster Importpartner für Israel, mit einem Volumen von 1,3 Milliarden Euro immerhin sechstwichtigster Exportpartner (Stand 2017). Viele verschiedene Kooperationsprojekte betonen, die Gemeinsamkeiten der beiden Länder und zielen auf befruchtende Zusammenarbeit ab.

Die Schweizer Gemeinschaft in Israel ist eine der grössten weltweit, sie zählt über 20.000 Personen.

Israels Präsident Shimon Peres besucht die Schweiz und dabei auch die Europäische Organisation für Kernforschung in Genf, zu seiner Linken der Direktor des Instituts Professor Rolf-Dieter Heuer (Bild: Fotodatenbank der isr. Regierung)

Weitere Informationen:

Buchtipp: „Die Schweiz und Israel – Auf dem Weg zu einem differenzierten historischen Bewusstsein“, von Jonathan Kreutner (Chronos-Verlag)

Redakteurin Katharina Höftmann Ciobotaru arbeitete im Auslandsbüro der dpa in Tel Aviv und für die WELT ONLINE. Sie lebt als freie Journalistin und Buchautorin in Tel Aviv («Guten Morgen Tel Aviv», «Die letzte Sünde»).

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