MAGAZIN – LEBEN IN ISRAEL

Trotz hoher Arbeitslosigkeit: Noch mehr Gastarbeiter

in Israel Zwischenzeilen/Wirtschaft & Innovation

Obwohl Israel wegen der Corona-Krise ein Rekordhoch in Arbeitslosenzahlen erlebt, hat das Ministerium für Arbeit, Bau und Sozialleistungen nun entschieden, deutlich mehr ausländische Arbeiter ins Land zu bringen: So wurde die Zahl palästinensischer Arbeiter von 64.000 auf 80.000 erhöht während die Zahl so genannter Migrantenarbeiter von 16.500 auf 32.500 sogar verdoppelt wird.

Diese Entscheidung kam nachdem sich die Baubranche über fehlende nicht-israelische Arbeiter beschwert und behauptet hatte, dass dies zu einem Abfall an Bauprojekten führen würde. In Israel, wo es keine klassische Berufsausbildung gibt, sind vor allem niedere Jobs im Bau, in Hotels und in der häuslichen Altenpflege mit ausländischen Arbeitern belegt. Diese ausländischen Mitarbeiter bringen dem Staat Geld: Arbeitgeber müssen für diese nämliche eine jährliche Gebühr von 35.000 Schekel (ca. 8.700 Euro, 9.300 CHF) sowie 20.000 Schekel Bewerbungsgebühr und 15 Prozent Arbeitgeber-Steuer bezahlen. Die Ausbildung eines Bauarbeiters kostet den Staat hingegen etwa 20.000 Schekel. Von Insidern der Baubranche hört man aber immer wieder, das Hauptproblem läge darin, dass Israelis einfach keine Lust auf die schweren Jobs in der Baubranche hätten. Und dass die Arbeitsmoral bei ihnen viel niedriger sei, als bei Arbeitern aus China, der Türkei oder den palästinensischen Gebieten. Das trifft auch auf andere Branchen zu, wo die Bedingungen zum Teil noch härter sind. Häusliche Altenpfleger zum Beispiel, meist Philippiner oder Inder, leben komplett bei den älteren Leuten und haben oft über sehr lange Zeiträume keine freien Tage oder Urlaub).

Dr. Samir Mahamid, Bürgermeister der arabischen Stadt Umm al-Fahm kritisierte gegenüber der Zeitung Haaretz die Entscheidung des Kabinetts: „Wir haben im ganzen Land eine Menge Arbeitslose, vor allem aber in den arabischen Gemeinden. Umm al-Fahm allein hat 7.100 Arbeitslose zu verzeichnen. Manche von ihnen sind bereits erfahrende Bauarbeiter, andere könnten es lernen.“ Er schlug vor, dass der Staat beispielsweise zusätzlich zum Gehalt noch die Hälfte des Arbeitslosengeldes weiter zahlen könnte. Ein ähnlicher Vorschlag kam von der Tourismusbranche.

Eine Baustelle in Tel Aviv (Bild: KHC)

Redakteurin Katharina Höftmann Ciobotaru arbeitete im Auslandsbüro der dpa in Tel Aviv und für die WELT ONLINE. Sie lebt als freie Journalistin und Buchautorin in Tel Aviv («Guten Morgen Tel Aviv», «Die letzte Sünde»).

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