Israel ist kein grosses Land, aber wenn man sich anschaut, wie viele beeindruckende israelische Schriftsteller und Autoren es gibt, dann meint man, ein riesiges Reich vor sich zu haben. „Das Volk des Buches“, wie Juden seit jeher genannt werden, sind Israelis bis heute…
Von Katharina Höftmann
Es sind Namen wie Ephraim Kishon, Amos Oz, David Grossman, A.B. Yehoshua oder Etgar Keret, die nicht nur für grossartige, vor allem bei Kishon und Keret äusserst witzige, Bücher stehen, sondern für ein israelisches Lebensgefühl, das sie in ihren Texten in die Welt hinaus transportieren. In Israel zu schreiben heisst immer auch, die Geschichte eines unglaublichen Landes zu erzählen.
Das beginnt schon mit der Tatsache, dass die Mehrzahl der in Israel publizierten Bücher heute auf Hebräisch geschrieben wird – immerhin einer Sprache, die immerhin etwa 1700 Jahre nicht mehr Umgangssprache der Juden in der Diaspora war. Hebräische Bücher gab es trotzdem durch die ganze Geschichte des Judentums hinweg – vor allem in der religiösen Literatur. Aber erst der Zionist Eliezer Ben-Yehuda begann nach seiner Aliya nach Israel konsequent hebräisch in seinem Wohnzimmer zu sprechen. Seine Mitstreiter standen mit ihrer Vision vor grossen Hürden: Schulbücher mussten geschrieben und Wörter für moderne Erfindungen gefunden werden.
Für professionelle Autoren des heutigen Israels stellt sich die Situation aus anderen Gründen nicht immer einfach da: Abgesehen von den ganz berühmten Persönlichkeiten wie David Grossman oder Amos Oz, die zum Teil feste Gehälter von ihren Verlagen bekommen, können die wenigsten israelischen Schriftsteller alleine vom Schreiben leben. Das liegt natürlich auch daran, dass ein Buch mit einer Auflage von lediglich 3.000 Exemplaren bereits als Verkaufserfolg gilt.
Viele Autoren hoffen daher auf Übersetzungen ihrer Werke, ein Geschäft, das in den letzten Jahren, auch aufgrund der politischen Situation Israels nicht unbedingt einfacher geworden ist: Viele ausländische Verlage interessieren sich nur dann für Bücher aus Israel, wenn die politische Spannung eine Rolle im Text spielt. Ausserdem dürfen die Bücher, die für Übersetzungen in Frage kommen, nicht allzu lang sein: Denn die hebräische Schrift verzichtet auf Vokale, weswegen bei Übersetzungen ins deutsche oder französische gerne mal einige hundert Seiten dazukommen.
Blutrünstige Cover sind die Ausnahme in Israel
Dafür gibt es aber viele spannende Themen zu entdecken, denn die Zusammensetzung der israelischen Bestsellerliste ist anders, als man es aus Deutschland oder der Schweiz gewohnt ist: Während Thriller und Krimis dort im Überfluss zu finden sind, liest sie in Israel kaum jemand (lediglich Ende der Achtziger/Anfang der Neunziger Jahre waren Batya Gur und Schulamit Lapid mit jeweiligen Krimiserien erfolgreich) – blutrünstige Cover sind in Buchläden heute die absolute Ausnahme. Dafür sind Lyrik oder Kurzgeschichten, Genres, die von deutschsprachigen Verlegern gerne mal todgesagt werden, in Israel keine Randerscheinung, im Gegenteil, die Zahl der Veröffentlichungen ist in den vergangenen Jahren sogar angestiegen.
Romane aus der Feder israelischer Autoren haben oft einen historischen Hintergrund oder beinhalten komplexe Familiengeschichten. Kommerziellere Genres der Belletristik, wie die „Chick-Lit“, also lustige Frauenliteratur, gibt es in dem Sinne nicht.
Und so ist Literatur hier eine Kunst, die von ihren Lesern bis heute sehr ernst genommen wird – witzige Katzenbücher oder Erfahrungsberichte über den Alltag einer verzweifelten Lehrerin funktionieren auf dem israelischen Buchmarkt nicht. Stattdessen landet jede Neuauflage von Klassikern von Autoren wie Tolstoi oder Proust sofort auf der Bestsellerliste. Und Kochbücher sind Stammgäste auf den Bestsellerlisten. Allein 2014 kamen 35 neue Kochbücher auf den Markt.
Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Schriftenreihe „Israel – Fokus Literatur“ der Gesellschaft Schweiz-Israel.