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Regierung erwägt Verschiebung der Kommunalwahlen in arabischen Städten

in Israel Zwischenzeilen/Leben, Kultur & Sport

Es wäre eine drastische Massnahme: Einem Bericht des Fernsehsenders 12 zufolge, diskutiert die israelische Regierung, die Verschiebung der Kommunalwahlen in einigen arabischen Städten anzuordnen – eine Massnahme, welche die Stadtverwaltung vor Einflussnahme von kriminellen Organisationen schützen soll.

Der Schritt wurde am Donnerstag auf einer Sitzung des von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu geleiteten Ministerausschusses erörtert, der die grassierende Gewaltkriminalität in arabischen Gemeinden bekämpfen soll. In letzter Zeit kam es vermehrt zu Anschlägen auf Lokalpolitiker und Bürgermeisterkandidaten in arabischen Gemeinden. Während der Sitzung brachten der Shin Bet und die Polizei ihre Besorgnis über kriminelle Einmischung in lokale Entscheidungsgremien oder über Drohungen gegen Kandidaten zum Ausdruck, so der Bericht.

Beamte schlugen vor, die Wahlen in 12 arabischen Gemeinden, die als gefährdet gelten, um drei Monate zu verschieben. Die einzelnen Gemeinden wurden in dem Bericht von Kanal 12 nicht genannt. Die Ausschussmitglieder schlugen ausserdem vor, in den gefährdeten Orten provisorische Stadträte unter direkter Kontrolle des Innenministeriums zu ernennen, die den Bürgermeister und den Stadtrat anstelle der gewählten Beamten vertreten sollten, so der Bericht.

Vertreter der Opposition kritisierten die Idee: Es sei die Aufgabe einer demokratischen Regierung, Wahlen zu jeder Zeit und unter allen Umständen zu ermöglichen. Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara bat um weitere Informationen, um ein Rechtsgutachten zu dem Vorschlag erstellen zu können

Mindestens 173 Menschen wurden in diesem Jahr bereits in arabischen Gemeinden getötet, so die Anti-Gewalt-Initiative Abraham Initiatives – das ist deutlich mehr als doppelt so viel wie im gleichen Zeitraum im vergangenen Jahr. Die Gewalt hat sich in den letzten Wochen zunehmend auf die Kommunalpolitik ausgeweitet, mit Drohungen und Angriffen gegen Bürgermeister, Kandidaten, andere Kommunalbeamte und ihre Familien. Ein Bürgermeisterkandidat in Abu Snan im Norden Israels gehörte zu den vier Menschen, die Ende letzten Monats bei einem Anschlag getötet wurden.

Auf der diesjährigen Verleihung des israelischen Filmpreises „Ophir Award“ protestierten mehrere Schauspieler gegen die grassierende Gewaltkriminalität in der arabischen Gemeinschaft. Viele der Nominierten und Gäste trugen schwarze Armbänder als Zeichen ihrer Solidarität. Die Schauspielerin Samar Qupty, die für ihre Rolle in „The Future“ als beste Nebendarstellerin nominiert war, erschien in einem von Mervat Hakroush entworfenen weissen Kleid mit einem Einschussloch in der Brust und „Blut“, das vorne heruntertropfte. Qupty wurde von ihrem Gast Watfa Jabali begleitet, einer trauernden Mutter und Mitbegründerin der Bewegung „Mütter für das Leben“, die die steigende Zahl der Verbrechen anprangert.

Redakteurin Katharina Höftmann Ciobotaru arbeitete im Auslandsbüro der dpa in Tel Aviv und für die WELT ONLINE. Sie lebt als freie Journalistin und Buchautorin in Tel Aviv («Guten Morgen Tel Aviv», «Die letzte Sünde»).

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