MAGAZIN – LEBEN IN ISRAEL

Zahl der Morde steigt rapide an

in Israel Zwischenzeilen/Leben, Kultur & Sport

Es ist bereits der 79. Mord in Israel in diesem Jahr: Eine junge arabische Israelin wurde am Sonntagabend in ihrem Auto in Haifa erschossen. Die 24-Jährige Mutter eines fünfjährigen Kindes wurde wahrscheinlich Opfer von Streitigkeiten zwischen zwei kriminellen Clans. Erst in der vergangenen Woche wurde im Norden des Landes eine weitere arabische Mutter sowie ihre beiden Söhnen in einem Fall von häuslicher Gewalt umgebracht. Die Frauen und Kinder sind die jüngsten Todesopfer in einer Reihe von Morden im ganzen Land, 73 arabische Israelis sind seit Jahresbeginn ermordet worden. Wie eine Statistik aufzeigt, ist die Zahl arabischer Mordopfer damit extrem angestiegen: Im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres betrug sie 27 – weniger als die Hälfte.

Jedoch ist die Zahl der Tötungsdelikte in Israel insgesamt erheblich angestiegen. Seit Jahresbeginn gab es 79 Tötungsdelikte, im Vergleich zu 34 im gleichen Zeitraum des Vorjahres, wie aus einer Aufstellung von Haaretz hervorgeht. All das passiert unter dem neuen Minister für nationale Sicherheit Itamar Ben Gvir, der im Dezember sein Amt antrat und sich für die Verbesserung der persönlichen Sicherheit der Bürger einsetzte.
Bei den meisten der Getöteten handelte es sich um Personen, die der Polizei aufgrund ihrer Verbindungen zur kriminellen Welt bekannt waren, was offenbar auf eine Zunahme der organisierten Kriminalität hindeutet. Ein Beamter der Strafverfolgungsbehörden wies in israelischen Medien darauf hin, dass ein 2021 gestartetes Programm zur Bekämpfung der Kriminalität in der arabischen Gemeinschaft fast zum Stillstand gekommen sei und sagte, dass es jetzt fast keine Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden gebe.

Aber auch in der jüdischen Gemeinschaft ist ein Anstieg der tödlichen Gewalt zu verzeichnen, der mit der kürzlichen Entlassung von führenden Unterweltgrössen aus dem Gefängnis oder ihrer Rückkehr von Auslandsaufenthalten zusammenfällt. Vor allem ein wichtiger Unterweltboss, Yossi Musli, wurde vor zwei Wochen aus der Haft entlassen. Seitdem gab es zwei Morde in Holon und Rishon Lezion, von denen die Polizei annimmt, dass sie mit Streitigkeiten zwischen kriminellen Organisationen zusammenhängen. Daneben gibt es immer wieder Fälle von massiver häuslicher Gewalt die in Femiziden enden.

Das Ministerium für nationale Sicherheit wird in sämtlichen Fällen für seine Untätigkeit scharf kritisiert. Kürzlich bezeichnete ein ehemaliger hochrangiger Polizeikommandant Ben Gvir als ungeeignet für die Leitung der Polizei und beschuldigte ihn, der Polizei zu schaden und Spaltungen in der Öffentlichkeit zu verursachen. Der ehemalige Jerusalemer Polizeichef Arieh Amit sagte einem Radiosender: „Er ist der ungeeignetste Mann für diesen Job. Ein verurteilter Verbrecher, ein Unterstützer des Terrorismus, ein Wilder, der nichts von Polizei und Sicherheit versteht und die Polizei brutal an der Arbeit hindert.“

Gerade einmal 24 Jahre alt: Die junge Mutter Hanan Abu Hait wurde auf dem Parkplatz vor ihrem Haus erschossen (Bild: Presse).

Redakteurin Katharina Höftmann Ciobotaru arbeitete im Auslandsbüro der dpa in Tel Aviv und für die WELT ONLINE. Sie lebt als freie Journalistin und Buchautorin in Tel Aviv («Guten Morgen Tel Aviv», «Die letzte Sünde»).

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