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Harte Urteile im Eilat-Vergewaltigungsfall

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Der Fall schockte ganz Israel: Im Sommer 2020 wurde eine 16-Jährige in einem Billighotel in Eilat Opfer einer Massenvergewaltigung. Nun endlich gibt es erste Urteile gegen die Täter. In dieser Woche verurteilte das Bezirksgericht Be’er Sheva die beiden Haupttäter – den 32-jährigen Issi Refaelov und den 31-jährigen Elizir Meirov – zu 22 und 14 Jahren Gefängnis. Refaelov muss das Opfer ausserdem mit 200.000 Schekel (rund 50.000 Euro, 48.000 CHF) entschädigen, während das Gericht Meirov zu einer Entschädigung von 100.000 Schekel (ca. 25.000 Euro, 24.000 CHF) verurteilte.

Zwei Zwillingsbrüder, die zum Zeitpunkt der Tat 17 Jahre alt waren, wurden ebenfalls wegen schwerer Vergewaltigung verurteilt, die Länge der Haftstrafen soll zu einem späteren Zeitraum bekannt gegeben werden. Das Gericht verschob auch die Verurteilung von sechs weiteren Angeklagten in diesem Fall: Vier wurden wegen Beihilfe zur Vergewaltigung, einer wegen unsittlicher Handlungen und einer wegen Anstiftung zu unsittlichen Handlungen verurteilt. Insgesamt stehen elf Männer wegen Beteiligung an der Massenvergewaltigung vor Gericht.

Die Richter schrieben in ihrer Urteilsbegründung u.a.: „Es ist schwer nachzuvollziehen, wie trotz der schwierigen Szene, die sich minutenlang vor ihren Augen abspielte, keiner der Angeklagten die Kraft aufbrachte, entschlossen zu reagieren – zu versuchen, das Geschehen zu stoppen, zu schreien, zu protestieren, zu versuchen, den Anführer physisch aus dem Raum zu entfernen oder die Polizei zu rufen. Stattdessen schauten sie weiter, betraten den Raum, lachten und zeigten sich begeistert von dem, was geschah.“

Im Urlaubsparadies Eilat kam es zu einer Massenvergewaltigung, die ganz Israel schockte. (Bild: Wikimedia Commons, Israeltourism).

Eine Anwältin der Staatsanwaltschaft des südlichen Bezirks fügte hinzu: „Diese Strafen drücken die Schwere der Taten und die Tiefe und den Umfang des Schadens und der Demütigung aus, die dem Opfer zugefügt wurden, und senden eine unmissverständliche moralische und soziale Botschaft aus.“ Sie fuhr fort, dass jeder, der an dieser Tortur beteiligt war, sich der sexuellen Gewalt schuldig gemacht hat, „diejenigen, die eine Gruppenvergewaltigung organisiert und angeführt haben, diejenigen, die daran teilgenommen haben, diejenigen, die im Raum standen und zujubelten, und diejenigen, die an der Tür standen und hineinspähten, wohl wissend, was drinnen vor sich geht. Ich hoffe, dass die Botschaften des Gerichts Gehör finden.“

Das Urteil ist auch im Gesamtkontext wichtig: Laut einem kürzlich veröffentlichten Bericht der Association of Rape Crisis Centers in Israel endeten 92 Prozent der Vergewaltigungsermittlungen in Israel im Jahr 2019 ohne Anklageerhebung. Nach Angaben des Justizministeriums führten im vergangenen Jahr nur 56 Vergewaltigungsermittlungen – 7,6 Prozent der Gesamtzahl – zu einer Anklageerhebung. Das bedeutet einen stetigen Rückgang in den letzten vier Jahren: Im Jahr 2018 lag die Anklagerate bei 8,7 Prozent, 2017 bei 11,1 Prozent, 2016 bei 10,9 Prozent, 2015 bei 10,6 Prozent und 2014 bei 13,7 Prozent. Damit sendet jede erfolgreiche Verurteilung mit einer hohen Strafe ein wichtiges Signal an potentielle Opfer. Denn für diese sind die Hürden, eine Vergewaltigung anzuzeigen, oft immens hoch.

Redakteurin Katharina Höftmann Ciobotaru arbeitete im Auslandsbüro der dpa in Tel Aviv und für die WELT ONLINE. Sie lebt als freie Journalistin und Buchautorin in Tel Aviv («Guten Morgen Tel Aviv», «Die letzte Sünde»).

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