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SERIE „AUFBAU DER GAZA GRENZREGION“ TEIL EINS „Die Menschen müssen zu etwas Grossartigem zurückkommen“

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Viele Gemeinden im Gaza-Grenzgebiet liegen seit dem 7. Oktober in Scherben. Die Menschen, die sich jahrelang für eine friedliche Koexistenz mit ihren Nachbarn eingesetzt haben, wurden am so genannten Schwarzen Schabbat am Härtesten getroffen. Hunderttausende von ihnen haben ihr Zuhause verloren und wurden evakuiert. Wir haben mit Michal Uziyahu, ehemalige Leiterin des Eshkol Community Centers und nun Bürgermeisterkandidatin für die Region sowie Carey-Lee Tal, Koordinatorin für Resourcen der Grenzgemeinden über die aktuelle Situation der Bewohner dort gesprochen. Sie sind Teil des Vereins zur Förderung der Einwohner von Eshkol und arbeiten aktuell daran, die Gemeinde nach dem Massaker vom 7. Oktober wieder aufzubauen. Der unmittelbare und langfristige Bedarf an humanitärer Hilfe ist in die Höhe geschnellt, und der Verein steht an vorderster Front, um den betroffenen Gemeinden, einschliesslich der Waisen, Witwen und traumatisierten Einwohner, zu helfen und sie zu unterstützen.

„Wir werden nie wieder dieselben sein, die wir am 6. Oktober waren“, beschreibt Uziyahu den mentalen Zustand der Gemeinden, „Wir waren auf die Raketen vorbereitet. Wir wussten von den Tunneln, es wurden Milliarden in den Grenzzaun und die unterirdischen Schutzanlagen investiert. Wir haben gedacht, dass wir im Falle eines Angriffs 30 Minuten Zeit haben und in der Zeit wäre das Militär da, um uns zu beschützen. Wir haben uns trotz allem immer sicher gefühlt in unserem Zuhause. Und dann kam der 7. Oktober. Das ist ein totaler Verlust des Sicherheitsgefühl, das uns alle schwer getroffen hat.“ Daneben beschreibt die Bürgermeisterkandidatin auch den riesigen Vertrauensverlust, der vor allem Familien hart trifft: „Natürlich haben wir das Vertrauen in die Regierung, in das Militär verloren. Aber was am härtesten ist: Wie sollen wir unseren Kindern die Geschehnisse erklären? Wir haben ihnen gesagt, es ist hier sicher. Und jetzt müssen wir dieses Vertrauen unserer Kinder in uns und in unsere Heimat wiederherstellen.“

Die Zerstörung in der Eshkol-Region ist gewaltig (Bild: Carey-Lee Tal).

Kein Wunder, dass es im Moment vor allem für Familien mit Kindern schwer vorstellbar scheint, in ihre Heimatorte zurückzukehren, die zum Teil nur wenige Kilometer von Gaza entfernt sind. Andere Bewohner sind hingegen entschlossen, so schnell wie möglich nach Hause zu kommen: „Ich sehe gerade unter den Älteren und unter den Jungen, noch kinderlosen, Bewohnern einen Trend, dass sie alle, so schnell es geht, in unsere Heimat zurückkehren wollen. Für die Familien ist das Ganze etwas komplizierter“, berichtet Carey-Lee Tal, die selbst seit dem 7. Oktober zwischen ihrem Heimatdorf Moshav Dekel und Eilat hin- und herpendelt.

Viele Orte in der Eshkol-Region brauchend dringende Hilfe beim Wiederaufbau (Bild: Carey-Lee Tal).

In einigen Orten wohnen bereits jetzt wieder Menschen, in den wenigen Häusern, die nicht am 7. Oktober zerstört werden. Selbst im fast vollständig zerstörten Kibbutz Be’eri leben schon wieder 80 Anwohner, im Kibbutz Magen arbeitet die Fabrik wieder und im Kibbutz Nir Itzchak ist die Molkerei wieder im Einsatz. Trotzdem: Die Zerstörung ist immens. Die Schulen sind immer noch geschlossen und der Raketenbeschuss durch die Hamas hält weiterhin an. „Wenn wir wollen, dass die Menschen zurückkehren, müssen sie zu etwas Grossartigem zurückkommen. Wir brauchen Sicherheit, bessere Ausrüstung unserer Sicherheitsteams, Überwachungskameras, sichere Zäune, solche Dinge. Wir müssen aber auch einen Sinn für Zugehörigkeit und Befähigung wiederherstellen“, erklärt Michal Uziyahu die besonderen Herausforderungen. Dabei um Hilfe zu bitten, fällt vielen der Anwohnern nicht leicht. „Es ist schwer für eine solch stolze Gemeinde wie unsere, die soviel alleine geschaffen hat, um Hilfe zu bitten. Die meisten Anwohner wollen schnell aus den Hotels heraus und wieder aufbauen, was zerstört wurde. Sie wollen nicht auf Almosen angewiesen sein.“

Resilienz durch Zusammenhalt

Der Staat hinkt mit seinen Hilfeleistungen erheblich hinterher. Zu langsam, zu kompliziert für viele der tatkräftigen Anwohner. Dazu kommt, dass sich die Öffentlichkeit auf nur wenige Orte konzentriert, in denen die Zerstörung besonders extrem war. Aber tatsächlich sind so viel mehr Kibbutzim und Dörfer am 7. Oktober getroffen worden, auch sie benötigen dringend Aufbauhilfen. Eines der wichtigsten Elemente des Wiederaufbaus ist dabei neben dem finanziellen und dem Sicherheitsaspekt laut Uziyahu der Zusammenhalt der Anwohner. „Die besondere Resilienz die wir haben ist eine Konsequenz unseres Gemeinschaftsgefühl. Und gerade das müssen wir jetzt noch mehr stärken. Wir müssen einander daran erinnern, dass wir mit dem Erlebten nicht alleine sind und dass wir gemeinsam wieder stark sein können. Wir sind entschlossen, unsere Region trotz der Grausamkeiten wieder aufzubauen und uns trotz aller Widrigkeiten einen Weg zurück nach Hause zu bahnen.“

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Redakteurin Katharina Höftmann Ciobotaru arbeitete im Auslandsbüro der dpa in Tel Aviv und für die WELT ONLINE. Sie lebt als freie Journalistin und Buchautorin in Tel Aviv («Guten Morgen Tel Aviv», «Die letzte Sünde»).

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