„Am 6. Oktober waren wir mit der Kuratierung und Gestaltung der Ausstellung fertig. Am Samstagmorgen, dem 7. Oktober, sprachen wir noch miteinander und gingen die Feinheiten durch. Nach ein paar Stunden verschwanden wir alle. Jeder für sich war in sich selbst versunken. Wir wussten nicht, was passieren würde“, erzählt Dana Wohlfeiler-Larkin, die Gründerin und Leiterin von Local Testimony, einer jährlichen Ausstellung, die seit 20 Jahren die besten Nachrichtenfotos des Jahres präsentiert. „Wir dachten, die Kulturwelt hätte eine Pause eingelegt, und wir müssten die ganze Ausstellung schreddern. Zwei Wochen später rief das Eretz Israel Museum an, und wir beschlossen, die Ausstellung doch zu zeigen.“
Unter dem Titel „Local Testimony 2023 – Die jährliche Ausstellung des lokalen und internationalen Fotojournalismus“ zeigt das Eretz Israel Museum nun die Fotos des vergangenen Jahres. Und bezeugt mit ihnen welche Turbulenzen Israel 2023 durchlebte. Einer der teilnehmenden Photojournalistinnen ist Alex Farfuri, die vor allem durch ihre Videos von den Demokratie-Protesten, aber auch aus den immer frauenfeindlicher werdenden religiösen Stadtteilen, bekannt geworden ist. In der Ausstellung stehen zwar vor allem Videos von ihr im Mittelpunkt, welche die Polizeigewalt gegen Demonstranten zeigen, aber ihre Videoinstallation „Sonntag“ zeigt das Leben am Tag nach den Samstagsdemonstrationen: „Es war mir wichtig, auch das Leben dazwischen zu zeigen. Die Geschichten, die auf der Strasse passierten. Ich habe selbst soviel Gewalt auf den Demonstrationen erlebt, von Polizisten, durch die Pferde, vor denen ich plötzlich Angst bekam, dass es immer schwere wurde, mich davon zu erholen.“ In „Sonntag“ leben die Menschen wieder und kämpfen nicht nur. Alex Farfuri beobachtet sie dabei mit einer einzigartigen Einfühlsamkeit.
Grosse Teile der Ausstellung zeigen Fotografien von den Protesten gegen die Justizreform und der damit verbundenen Gewalt und Spaltung der israelischen Gesellschaft. Es gibt aber auch humorvolle Arbeiten, wie das Projekt der Fotografin Sagit Fridman-Hallel, die eine befreundete 104-Jahre alte Shoa-Überlebende auf ganz ungewöhnliche Weise portraitierte.
Für den 7. Oktober ist am Eingang der Ausstellung eine grosse Fläche reserviert, um die sich in den meisten Ausstellungstagen die grösste Besuchergruppe sammelt: Hier werden auf einer Leinwand Fotografien vom 7. Oktober und den Tagen danach gezeigt. Es ist der traurige Höhepunkt der Ausstellung, die ein unheimlich schweres und bewegtes Jahr der israelischen Geschichte zeigt.