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Justizreform: Beschwerde gegen deutschen Botschafter

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Das israelische Aussenministerium soll bei der deutschen Regierung eine offizielle Beschwerde gegen den deutschen Botschafter Steffen Seibert eingereicht haben. Grund dafür war Seiberts Teilnahme an der Anhörung vor dem Obersten Gericht zu den Petitionen, die die jüngste Gesetzesänderung zur „Angemessenheit“ rückgängig machen wollen. Seibert hatte auf den sozialen Medien der Botschaft ein Video aus dem Gerichtssaal veröffentlicht, in dem er sagte: „Ich denke, dass hier etwas Wichtiges für Israels Demokratie geschieht. Als Freunde Israels schauen wir mit grossem Interesse auf den Obersten Gerichtshof.“

Das israelischen Aussenministerium sieht in seiner Anwesenheit einen Versuch, sich in innere Angelegenheiten und im besonderen in die Justizreform im Land einzumischen. Die israelische Botschaft in Berlin teilte dem Fernsehsender ARD auf Anfrage mit, ein hoher Diplomat habe daraufhin auf Anweisung des israelischen Aussenministers mit Botschafter Seibert gesprochen und den Protest zum Ausdruck gebracht.

Seibert, der vor etwas mehr als einem Jahr ernannt wurde, war zuvor mehr als elf Jahre lang Pressesprecher der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihrer Regierung, zuvor war er 20 Jahre lang als Nachrichtensprecher und Journalist tätig. Sein Wechsel in den Botschaftsdienst erfolgte wie auch schon der Wechsel ins Kanzleramt als Quereinsteiger und wurde als eher ungewöhnlich angesehen, sei aber auf ganz persönlichen Wunsch von Seibert geschehen. Seibert hat in der kurzen Zeit in Israel schon so gut Hebräisch gelernt, dass er die meisten seiner Posts in den sozialen Medien in der Landessprache aufnimmt – damit bildet er eine Ausnahme unter den Botschafterinnen und Botschaftern, die Deutschland in den letzten Jahrzehnten in Israel repräsentiert haben.

Es ist allerdings nicht das erste Mal, dass der Botschafter Kritik aus dem Aussenministerium der aktuellen israelischen Regierung auf sich zieht. Vor drei Monaten war das israelische diplomatische System wütend auf Seibert, nachdem er an einer gemeinsamen Zeremonie israelischer und palästinensischer Familien zum israelischen Gedenktag für Gefallene teilgenommen hatte.

Während Deutschlands Aussenministerin Annalena Baerbock den Botschafter bei einem Interview in New York noch verteidigte und seine Anwesenheit bei der Anhörung des israelischen Obersten Gerichtshofs und dem damit verbundenen Wunsch, „sich über den aktuellen Stand im Land zu informieren“, als „Alltagsgeschäft“ bezeichnete, heisst es nun inzwischen aus dem deutschen Aussenministerium, es hätte nie eine offizielle Beschwerde gegeben.

Der Post, um den es geht

Redakteurin Katharina Höftmann Ciobotaru arbeitete im Auslandsbüro der dpa in Tel Aviv und für die WELT ONLINE. Sie lebt als freie Journalistin und Buchautorin in Tel Aviv («Guten Morgen Tel Aviv», «Die letzte Sünde»).

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