Eine Gruppe von 170 israelischen Gemeinderatsvorsitzenden veröffentlichte jetzt einen scharf formulierten Brief, in dem sie gegen eine Klausel in den Koalitionsvereinbarungen der neuen Regierung protestierten. Diese sieht vor, dass die Gemeinderäte „Hunderte von Millionen Schekel“ für Haredi-Bildungseinrichtungen bereitstellen müssen. Diese Bildungseinrichtungen für ultraorthodox-jüdische Israelis werden nicht vom Bildungsministerium reguliert und weichen in ihrem Lehrplan stark von dem ab, was der Staat für säkulare Schulen fordert. Konkret lernen vor allem männliche Schüler in diesen Schulen, die nach Geschlechtern getrennt sind, Fächer wie Mathe, Englisch und Naturwissenschaften nur rudimentär.
„Wir werden nicht zustimmen, dass eine Bevölkerungsgruppe gegenüber anderen begünstigt wird, indem die Überlegungen des Gemeinderats umgangen werden“, heisst es in dem Schreiben an Premierminister Benjamin Netanyahu, Finanzminister Bezalel Smotrich und Bildungsminister Yoav Kisch, wie hebräische Medien am Sonntag berichteten. „Wir werden nicht zulassen, dass der Staat lokale Räte im Bildungsbereich enteignet und ihnen Autorität und die Verantwortlichkeiten nimmt.“
Die Koalitionsvereinbarungen sehen vor, dass die bestehenden Bildungsgesetze dahingehend erweitert werden, dass Bildungseinrichtungen, die nicht vom Bildungsministerium reguliert, aber dennoch von diesem Gremium anerkannt sind, wenn sie 55 Prozent des staatlichen Kernlehrplans abdecken, von den Gemeinderäten finanziert werden können, während derzeit 75 Prozent erforderlich sind, um eine Finanzierung zu erhalten. Die Proteste fallen auch deswegen so scharf aus, weil Bildungseinrichtungen in Israel, vor allem Schulen, seit Jahren notorisch unterfinanziert sind. Im vergangenen Jahr gab es u.a. mehrere grosse Streiks, weil das Gehalt von Lehrern so niedrig ist, dass ein akuter Lehrermangel im Land ausgebrochen ist.