MAGAZIN – LEBEN IN ISRAEL

Die letzten Überlebenden

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„Dann haben sie mich tätowiert: 71978. Ich habe so viel geweint. Nicht wegen der Schmerzen, nein, wegen der Nummer. Ich hatte meinen Namen verloren und war nur noch eine Nummer. Meine Mutter sagte mir, „Weine nicht, es ist nichts passiert. Wenn wir nach Hause kommen, gehst du auf die Tanzschule und bekommst einen grossen Armreifen und niemand wird die Nummer sehen.“ Ich bin nie zur Tanzschule gegangen und auch den Armreifen habe ich nie bekommen.“ Nina Weil, die hier in einem kurzen Auszug aus ihren Erlebnissen während des Holocausts berichtet, ist eine von 14 Überlebenden, die in der Ausstellung der Gamaraal Stiftung „The Last Swiss Holocaust Survivors“ portraitiert wurden und ihre Geschichte erzählen. Nachdem die Wanderausstellung bereits in Städten wie Zürich, Singapur, Berlin und New York gezeigt wurde, kann man sie nun endlich auch in Israel, im Hecht-Museum der Universität Haifa, besuchen.

Die Überlebende Nina Weil ist auch auf dem Titelbild der Ausstellung abgebildet (Bild: KHC)

„Wer wird uns an unsere Menschlichkeit erinnern?“, fragt die Psychologin Tzipi Gon-Gross in ihrer Rede zur Eröffnung der Ausstellung. Auch der Präsident der Uni, Prof. Ron Robin und der Schweizer Botschafter Jean-Daniel Ruch stellen sich diese Frage: Wer wird berichten und mahnen können, wenn es keine Zeitzeugen mehr gibt? Dem Zentralen Statistikbüro in Israel zufolge gab es Ende 2016 im Jüdischen Staat noch ca. 186.500 Holocaustüberlebende, die Zahl dürfte sich in den letzten zwei Jahren noch einmal deutlich reduziert haben. „Es ist das Ende einer Generation, aber wir müssen die Erinnerungen für unsere Nachkommen bewahren“, erklärte dann auch der stellvertretende Bürgermeister Haifas, Rabbi Dov Haiyun, mit Nachdruck.

Die Texte zur Ausstellung sind in Israel in Englisch, Hebräisch und Arabisch verfügbar (Bild: KHC)

Die Ausstellung tut genau das auf sehr berührende Weise. Verschiedene renommierte Fotografen, Journalisten und Filmregisseure haben Bilder und Videos der Überlebenden erstellt, die mitten ins Herz treffen. Dafür wurde die Gamaraal Foundation gemeinsam mit dem Archiv für Zeitgeschichte der ETH Zürich für „hervorragende Projekte im Bereich der Holocaust Education“ mit dem Dr. Kurt Bigler-Preis geehrt. Die Texte der Zeitzeugen, die unter der Konzeption von Dr. Pascal Krauthammer und Cristina Schaffner entstanden sind, machen die dunkle Zeit greifbar. So erzählt der Überlebende Bronislaw Erlich, der von den Deutschen als Zwangsarbeiter eingesetzt wurde: „Wenn ich ins Bett gehe und das Licht ausschalte, denke ich an meine Eltern und meinen kleinen Bruder, die alle ermordet wurden. Ich habe schlaflose Nächte. Eine Frau aus Bern dachte mal, ich solle Baldrian-Tropfen nehmen. Ich habe mir eine Flasche gekauft. Sie ist nutzlos.“

„Es ist eine besonders große Ehre und ein Privileg, dass wir unsere Ausstellung hier in Israel zeigen können. Es gibt wahrscheinlich keinen Ort, der symbolischer ist, um die Portraits, Texte und Videos der letzten Zeugen zu präsentieren“, erklärte Anita Winter, Gründerin und Präsidentin der Gamaraal Stiftung, in ihrer Rede, die verlesen wurde, weil Winter kurzfristig nicht anreisen konnte. Winters Vater, selbst Holocaustüberlebender, war einen Tag zuvor gestorben – die Tatsache, dass es immer weniger Zeitzeugen gibt, wurde damit noch einmal schmerzlichst bestätigt.

Rundgang durch die Ausstellung

Redakteurin Katharina Höftmann Ciobotaru arbeitete im Auslandsbüro der dpa in Tel Aviv und für die WELT ONLINE. Sie lebt als freie Journalistin und Buchautorin in Tel Aviv («Guten Morgen Tel Aviv», «Die letzte Sünde»).

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