Die 96-Jährige Aviva Sela hat die Massaker vom 7. Oktober mit viel Glück im Kibbutz Be’eri überlebt, auch wenn sie sich an die Details selbst nicht mehr erinnern kann. Jetzt kämpft sie auf dem Platz für Geiseln in Tel Aviv um ihren Enkel, der am Tag der Massaker von der Hamas nach Gaza entführt wurde.
In einem Interview mit Channel 12 erzählen die Töchter von Aviva die unglaubliche Geschichte, wie sie den 7. Oktober überlebt hat. Ihre Familie hat die Geschehnisse aus den Aussagen der Überlebenden und aus Aufnahmen der Überwachungskameras im Kibbuz sowie aus Bodycam- und Smartphone-Aufnahmen von getöteten und gefangenen Hamas-Terroristen rekonstruiert. Demnach gelang es ihrer philippinischen Betreuerin Grace Cabrera, die bei dem Angriff ermordet wurde, Sela in den Schutzraum zu bringen und die Tür zu schliessen, als am frühen Samstagmorgen die Raketensirenen ertönten. Cabrera hielt die Familie über WhatsApp auf dem Laufenden. Einmal schickte sie ein Foto von sich und Sela, wie sie lächelnd gemeinsam auf dem Bett im Schutzraum lagen.
„Sie hielt stundenlang die Klinke der Tür geschlossen, um die Terroristen am Eindringen zu hindern“, berichtete Selas Tochter Osnat Sela Weinberg über den Mut und das beeindruckende Engagement der Pflegerin. Als die Hamas doch schliesslich eindringt, ermorden sie Grace Cabrera und machen aus Aviva Selas Haus ihre Operationszentrale. Sela legten die Terroristen währenddessen nach Erzählungen auf einer Schaukel auf ihrer Veranda ab, vor ihr ein Teller Obst, den Cabrera offenbar für sie vorbereitet hatte. Der Bericht von Kanal 12 besagt, dass die Terroristen Bewohner aus dem Kibbuz zu ihrem Stützpunkt in Selas Haus brachten, einige von ihnen wurden verletzt, andere wurden später als Geiseln nach Gaza zurückgeschleppt.
Sela versuchte, die Verletzten zu beruhigen. Sprach mit ihnen, damit sie nicht das Bewusstsein verloren. Irgendwann entschloss die 96-Jährige sich, ihr Haus zu verlassen und ging, langsam mit ihrem Rollator, einfach in Richtung des Kibbuz-Parkplatzes. Ohne ihre Brille und ihr Hörgerät. Sie erinnert sich, dass es totenstill war, obwohl laut dem Bericht von Kanal 12 zu dieser Zeit heftige Kämpfe mit Terroristen tobten. „Zum Glück traf ich auf jemanden, der nach Tel Aviv fuhr, und ich schloss mich ihm an“, erzählte Sela gegenüber Channel 12. Und so überlebte die ältere Dame auf geradezu unglaubliche Weise.
Selas Tochter und ihr ehemaliger Schwiegersohn, Orit und Rafi Svirsky, wurden bei dem Hamas-Angriff ermordet. Ihr 38-Jähriger Enkel Itay Svirsky, der im Kibbutz war, um seine Grossmutter zu besuchen, wird immer noch Gaza gefangen gehalten. Sela weiss, dass sie in absehbarer Zeit nicht in den Kibbuz Be’eri zurückkehren kann. Jetzt konzentriert sie sich darauf, die Freilassung ihres Enkels aus dem Gazastreifen zu erreichen.
Zum ersten Mal seit dem 7. Oktober kam sie am vergangenen Samstag auf den so genannten Geiselplatz in Tel Aviv, um sich dem Aufruf zur Freilassung der verbleibenden 130 Entführten anzuschliessen, die immer noch in Gaza festgehalten werden. Das Video, wie sie mit dem Rollator und einem Foto von ihrem entführten Enkel über den Platz schiebt, ging in den sozialen Medien viral.