MAGAZIN – LEBEN IN ISRAEL

Kolumne: Acht Tage Wunder

in Israel Zwischenzeilen/Kolumne/Tourismus & Natur

Israel hat seine Grenzen wieder geschlossen. Seitdem in Südafrika eine neue Corona-Variante benannt „Omikron“ entdeckt wurde, beschloss die israelische Regierung schnell und relativ radikal, die gerade erst geöffneten Grenzen wieder für alle Nicht-Israelis zu schliessen. Die einzige bisher beschlossene Ausnahme gilt für Familienmitglieder ersten Grades, die zur Hochzeit oder Bar/Bat Mitzwa zu Besuch nach Israel kommen wollen.
In der Facebook-Gruppe „Reunite Olim With Their Families“ überschlagen sich die Posts, manche hilflos, manche wütend, viele verzweifelt: „Mein Vater stirbt (…) Ich habe einen Flug für heute Nacht gebucht, aber keinen grünen Pass zur Einreise genehmigt bekommen, ich versuche eine Ausnahmegenehmigung zu bekommen. Kann mir irgendjemand helfen?“ oder auch „Vor zwei Tagen hatte ich eine Fehlgeburt in der 38. Woche. Die Beerdigung ist am Sonntag oder Montag. Mein Vater (dreifach geimpft) und meine Schwester sind keine Staatsbürger und sollten am 3. Dezember landen. (…) Ich habe hier keine Familie, und noch zwei kleine Kinder zu Hause. Ich bin am Ende. Ich brauche sie hier. Bitte helft mir.“

In vielen Posts bereuen Neueinwanderer ihre Einwanderung nach Israel bitter. Die im Heimatland zurückgebliebenen Angehörigen sind aufgrund der ständigen neuen Massnahmen um die Pandemie herum so weit entfernt wie nie zuvor. Viele Einwanderer in Israel kommen aus den USA, in den letzten Jahren vermehrt auch aus Südafrika. Für sie bedeutet die Flugbuchung auch immer einen hohen finanziellen Aufwand, wenn Israel dann plötzlich alles dicht macht, kriegen sie oft nicht einmal ihr Geld zurück oder müssen, wiederum mit hohen Kosten verbunden, umbuchen. Aber umbuchen auf wann? Erst einmal hat Israel die Grenzen für die nächsten zwei Wochen geschlossen.

Hoffnungslose Situation

Die Situation stellt sich für viele Israelis mit Familien im Ausland hoffnungslos dar. So lange schon wartet man darauf, endlich wieder Besuch zu bekommen. Auch die Tourismusbranche im Land ist wieder einmal schwer getroffen – gerade erst hatte der Tourismus langsam wieder Anlauf genommen – schon ist Israel für Europäer und Amerikaner, von denen viele gerade auch in der Vorweihnachts- und Weihnachtszeit ins Land kommen wollen, wieder Sperrgebiet. Die Diskussion ob das nötig und richtig ist, soll übrigens hier gar nicht geführt werden. Auch deshalb, weil es darauf keine einfachen Antworten gibt. Was diese Pandemie ja auch so unerträglich macht, ist die Ahnungslosigkeit aller Beteiligten. Das ständige Vor- und Zurück. Das anhaltende „das wird nicht passieren, das wäre ja zu verrückt“- und dann passiert es doch.

Dieser Tage feiern wir Juden das Lichterfest Channuka. In Gedenken an dieses Wunder, als das Öl im frisch wieder eingeweihten Tempel eigentlich nur für einen Tag reichte, die Menora dann aber acht Tage lang brannte, genauso lange wie sie brennen musste, um in der Zwischenzeit neues Öl herzustellen. In allen jüdischen Feiertagen geht es mehr oder weniger ums Überleben, aber Channuka mit diesem ganzen „Licht vertreibt die Dunkelheit-Gedanken“ ist trotzdem etwas besonderes. Es ist die Hoffnung auf ein Wunder, und es ist auch der Glaube an den Zusammenhalt. In einem der beliebtesten Channuka-Lieder heisst es: „Jeder einzelne von uns ist ein kleines Licht, aber gemeinsam sind wir eine ewige Flamme.“ Dieses Zusammensein, es fehlt den Menschen in Zeiten der Pandemie. Die Hoffnung auf Wunder, wir sollten sie trotzdem nicht verlieren.

Die Dunkelheit vertreiben: Channuka ist der Feiertag des Lichts (Bild: Pixabay).

Alle Informationen über die Einreise- und Ausreisebestimmungen finden Sie hier (aufgelistet für die jeweiligen Länder)

Redakteurin Katharina Höftmann Ciobotaru arbeitete im Auslandsbüro der dpa in Tel Aviv und für die WELT ONLINE. Sie lebt als freie Journalistin und Buchautorin in Tel Aviv («Guten Morgen Tel Aviv», «Die letzte Sünde»).

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