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Israelis verlassen Tel Aviv

in Israel Zwischenzeilen/Leben, Kultur & Sport

Zum ersten Mal seit den 1990er Jahren gibt es mehr Israelis, die Tel Aviv verlassen, als welche, die in die Mittelmeermetropole ziehen. In den Jahren 2018 und 2019 zogen mehr Israelis nach Tel Aviv als sie die Stadt verliessen, aber seit 2020 verlassen mehr Menschen die Stadt, und der Trend ist ansteigend. Die jüngsten Zahlen für 2022 zeigen, dass fast 7.000 Menschen mehr die Stadt verliessen als zuzogen, so die neuen Daten der Stadtverwaltung Tel Aviv-Yafo.

Die Covid-Pandemie hat viele aus den Grossstädten vertrieben, und die Arbeit in der Ferne machte dies wirtschaftlich rentabel. Dieser Trend setzte sich im Jahr 2022 noch stärker fort. Es ist möglich, dass die Wohnungspreise, die zu diesem Zeitpunkt bereits ein Allzeithoch erreicht hatten, viele aus Tel Aviv vertrieben haben. Seit 2020 hat die Zahl der Nettoabwanderer jedes Jahr zugenommen. Der Krieg, viele Wohnungen und Wohnhäuser in Tel Aviv verfügen über keine Bunker, obwohl die Stadt eines der Hauptangriffsziele für Raketen ist, wird diese Zahlen für 2023 und 2024 nur noch erhöhen.

Junge Menschen in Tel Aviv – wird die Stadt irgendwann unerschwinglich für sie sein? (Bild: KHC).

Und obwohl die Zahl der Einwohner Tel Avivs insgesamt ansteigt – zwischen 2018 und 2022 von 452.000 auf 475.000 – sinkt die Zahl der Kinder im Alter von 0 bis 4 Jahren in der Stadt stetig (von 34.000 im Jahr 2018 auf 32.000 im Jahr 2022). Das ist kein Wunder, wenn man bedenkt, dass private Kindergärten im Norden und Zentrum Tel Avivs (staatliche Kinderbetreuung gibt es erst ab 3 Jahren, obwohl die offizielle, staatlich finanzierte Elternzeit im Land gerade einmal 3 Monate beträgt) mittlerweile zwischen 5000 und 6000 Schekel (etwa 1300-1500 Euro/CHF) pro Monat kosten.
Die extrem hohen Miet- und Lebenshaltungskosten tun ihr übriges.

Immerhin nimmt die Zahl der Wohneinheiten in der Stadt laut Stadtverwaltung langsam zu. Zwischen 2019 und 2023 stieg die Zahl der Wohnungen um 5 Prozent von 211.000 auf 222.000 – das entspricht in etwa der Wachstumsrate der Bevölkerung in der Stadt. Im Einklang mit dem nationalen Trend wurden auch die Wohnungen grösser, so dass die bebaute Wohnfläche im selben Zeitraum um 6,7 Prozent zunahm.

Redakteurin Katharina Höftmann Ciobotaru arbeitete im Auslandsbüro der dpa in Tel Aviv und für die WELT ONLINE. Sie lebt als freie Journalistin und Buchautorin in Tel Aviv («Guten Morgen Tel Aviv», «Die letzte Sünde»).

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