MAGAZIN – LEBEN IN ISRAEL

Der Norden brennt, das Land protestiert

in Israel Zwischenzeilen/Leben, Kultur & Sport

Während im Norden schwere Brände durch Raketenbeschuss der Hisbollah ausgebrochen sind, demonstrierten am Samstagabend etwa 120.000 Menschen in Tel Aviv gegen die aktuelle israelische Regierung und für ein Geisel-Abkommen. Die Protestbewegung kündigte an, im Monat Juni täglich demonstrieren zu wollen, um so den Druck auf die Entscheider zu erhöhen.

Die Meldung des israelischen Militärs, dass nach neuen Erkenntnissen vier weitere Geiseln in Gefangenschaft der Hamas getötet wurden, verstärkt die Dringlichkeit zu einem Abkommen. Bei den vier Männern handelt es sich um Chaim Peri (79), ss Cooper (84), Yoram Metzger (80) und Nadav Popplewell (51). Alle vier Männer waren am 7. Oktober lebend entführt und in der Zwischenzeit in Propaganda-Videos der Hamas in Gefangenschaft gezeigt worden. Die Armee prüft derzeit die genauen Umstände ihres Todes, schliesst eigenes Feuer als Grund jedoch nicht aus.

Vier weitere Geiseln sind in Gefangenschaft in Gaza gestorben (Bild: Presse).

Nach der Bestätigung des Todes der Geiseln gab das Forum der Geiselfamilien eine Erklärung ab, in der es sein „tiefes Bedauern“ über die Nachricht zum Ausdruck brachte, die „jeden Bürger des Staates Israel aufrütteln und bei jedem führenden Politiker eine tiefe Gewissensprüfung auslösen“ sollte:
„Haim, Yoram, Amiram und Nadav wurden lebendig entführt, einige von ihnen waren zusammen mit anderen Geiseln, die im Rahmen des letzten Abkommens zurückkehrten, und sie hätten lebendig in ihr Land und zu ihren Familien zurückkehren sollen“, heisst es in der Erklärung, in der die Regierung aufgefordert wird, unverzüglich ein Abkommen zu akzeptieren, um die verbleibenden Geiseln nach Hause zu bringen.

Anwohner im Norden fordern die Regierung auf, zu handeln

Währenddessen haben Einwohner und lokale Behörden im Norden Israels von der Regierung klare Massnahmen zur Wiederherstellung der Sicherheit gefordert, da sich die Buschbrände, die durch vom Libanon abgefeuerte Hisbollah-Raketen ausgelöst wurden, über weite Teile des Landes ausbreiten und die Rettungsdienste Mühe haben, die Brände unter Kontrolle zu bringen.

Ein Sprecher von Kiryat Shmona, wo die Brände über Nacht am Rande der evakuierten Grenzstadt wüteten, beklagte, dass die Regierung nicht einmal die grundlegendsten Sicherheitsvorkehrungen für die Einwohner treffe. Am Dienstagmorgen hatten die Feuerwehr- und Rettungsdienste nach eigenen Angaben die meisten Brände unter Kontrolle. Gegen 9 Uhr heulten jedoch in ganz Galiläa wieder die Warnsirenen wegen eines möglichen Drohnen- und Raketenangriffs aus dem Libanon. Eine israelische Abfangrakete, die offenbar auf ein Ziel abgefeuert wurde, soll versagt haben und in der Nähe der Stadt Safed explodiert sein. Herabfallende Fragmente der Rakete lösten einen neuen Brand in der Gegend aus.
„Die Politiker reden so viel, dass sie gar nicht dazu kommen, etwas zu tun“, erklärte Doron Shnaper, Sprecher der Gemeinde Kiryat Shmona, dem öffentlich-rechtlichen Sender Kan. „Ich würde es vorziehen, wenn weniger geredet und mehr gehandelt würde, in Sicherheits- und Wirtschaftsfragen, über den Tag nach dem Krieg. Es wurden viele Versprechungen gemacht. In der Praxis passiert aber nichts.“
Die Forderungen nach Neuwahlen werden in Israel immer lauter. Es brennt an allen Ecken.

Yom Kippur-Veteranen demonstrieren gegen die israelische Regierung in Tel Aviv (Bild: KHC).

Redakteurin Katharina Höftmann Ciobotaru arbeitete im Auslandsbüro der dpa in Tel Aviv und für die WELT ONLINE. Sie lebt als freie Journalistin und Buchautorin in Tel Aviv («Guten Morgen Tel Aviv», «Die letzte Sünde»).

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