Purim ist der jüdische Feiertag, an dem feiern, sich betrinken und glücklich sein ein Gebot ist. Nach dem Buch Esther sollen Juden an Purim fröhlich sein, woran sich normalerweise ganz Israel hält. Purim, das ist in normalen Zeiten eine ganze Woche voller Partys, kostümierten Menschen überall auf den Strassen, Paraden und soviel Alkohol bis man, auch das ist Gebot, nicht mehr zwischen „bösem Haman und gesegnetem Mordechai“ unterscheiden kann.
Nach dem Buch Esther versuchte Haman, der höchste Regierungsbeamte des persischen Königs, im 3. Jahrhundert v. Chr., die gesamten Juden im damaligen persischen Weltreich an einem Tag zu ermorden. Sein Name wurde damit zum Symbol der Judenfeindschaft.
Purim, einer der beliebtesten Feiertage im Land bei Jung und Alt, wird dieses Jahr verständlicherweise nicht so stattfinden, wie sonst. Die meisten Städte haben ihre Paraden und etwaige Feuerwerke abgesagt. Bürger werden angehalten, nicht mit Spielzeugwaffen herumzulaufen und auch keine Feuerwerkskörper zu verwenden. Eltern haben Instruktionen, ihre Kinder nicht in Kostüme zu kleiden, die in irgendeiner Weise angsteinflössend sein können. Nichts, was herausspringt, plötzliche Geräusche macht oder auch nur wie ein unheimliches Insekt aussieht. Zu gross ist das Trauma vom 7. Oktober im Land, auch „alles mit Blutflecken, Wunden oder abgetrennten Gliedmassen, Monster, Masken, bei denen das Gesicht nicht zu sehen ist, Geister, Dämonen, tote Figuren und Schädel“, verbieten die Schulen im Land.
Rotem Avidan, Inhaber eines Kostümgeschäfts im Lewinsky-Markt in Tel Aviv, berichtet in der Zeitung Haaretz aber von einem Anstieg der Nachfrage nach Soldatenkostümen. Zusammen mit den Polizeikostümen sind sie in diesem Jahr bei weitem der beliebteste Wunsch der Kinder. „Normalerweise verkaufen wir die meisten Superheldenkostüme. Aber dieses Jahr haben wir viel mehr Soldaten und Polizisten verkauft als sonst. Offensichtlich hat der Krieg einen Einfluss.“ Nichtsdestotrotz verzeichnet Avidan in diesem Jahr vor allem einen Rückgang der verkauften Kostüme: „Das Geschäft ist um mindestens 30-40 Prozent zurückgegangen. Ich sehe das in jeder Alterskategorie. Der Laden sollte eigentlich voll sein, aber wenn man sich umschaut, ist er leer.“
Und während zwar vereinzelt kleinere Purimpartys stattfinden, haben die meisten grosse Partyreihen ihre Purimpartys abgesagt. Dazu gehört u.a. der DJ Offer Nissim, der normalerweise eine der grössten Queer-Events an Purim veranstaltet. Zu bedrückend ist die Stimmung im Land auch noch fünf Monate nach dem verheerenden 7. Oktober. Immer noch sind mehr als 100 Geiseln in Gaza, viele junge Israelis im Reservedienst. Die Angst vor einer Eskalation des Krieges im Norden, quält das ganze Land. Die Trauer über die vielen Menschen, die Israel am und seit dem 7. Oktober verloren hat, überwiegt.
An diesem Purim sehen wir vor allem das Video vom kleinen Ariel Bibas, wie er an Purim letzten Jahres, als Batman verkleidet durch den Kibbutz Nir Oz läuft. Nir Oz ist zerstört. Die Bibas Kinder und ihre Eltern wurden am 7. Oktober nach Gaza entführt. Niemand weiss, ob Shiri Bibas und ihre zwei kleinen rothaarigen Söhne überhaupt noch am Leben sind – so lange das so ist, fällt das Feiern schwer.