Trotz 29 Wochen beispielloser Proteste unterstützen am Montag alle 64 Koalitionsabgeordneten in der Schlussabstimmung nach 30 Stunden Plenumsdiskussionen den Gesetzentwurf zur „Angemessenheit“ – damit verhindert die israelische Regierung, dass der Oberste Gerichtshof Regierungs- und Ministerentscheidungen auf „Angemessenheit“ überprüfen kann. Dies ist der erste grössere Gesetzesentwurf, der im Rahmen der Justizreform der Regierung verabschiedet wurde. Die gesamte 56-köpfige Opposition boykottierte die Abstimmung aus Protest. Versuche in letzter Minute, das Gesetz zu ändern oder eine umfassendere Einigung mit der Opposition zu erzielen, scheiterten, nachdem zwei Kompromissvorschläge eines Gewerkschaftsführers und des Staatspräsidenten Isaac Herzog am Sonntag abgelehnt worden waren.
Als Reaktion auf die Entscheidung gab es landesweit, vor allem in Tel Aviv und Jerusalem, heftige Proteste. Friedliche Demonstranten wurden abermals von einer immer aggressiver werdenden israelischen Polizei angegriffen, in Jerusalem schoss die Polizei sogenanntes „Skunk Water“ auf Demonstranten, eine extrem stinkende Flüssigkeit, deren Geruch selbst nach mehreren Duschen und Wäschen nicht verschwindet.
Israelische Aktien verzeichneten derweil Verluste und der Schekel-Kurs sank, der Benchmark-Index TA-125 der Tel Aviver Börse fiel um 2,3 % und der TA-35-Index der Blue-Chip-Unternehmen um 2,2 %, während der TA-90-Index bei Börsenschluss in Tel Aviv um 2,8 % zurückging. Der TA-Index der fünf grössten Banken brach um 3,9 % ein und der TA-Insurance & Financial Services-Index sank um 3,1 %.
Hochrangige Vertreter aus Wirtschaft und Politik in Israel wurden bereits in den Tagen vor der Gesetzesverabschiedung von internationalen Rating-Agenturen kontaktiert, die Erklärungen zu den Geschehnissen in Israel verlangten, wie der öffentlich-rechtliche Sender Kan berichtete. Demnach erklärten die Rating-Agenturen, dass das, was in Israel geschehe, den Botschaften widerspreche, die sie in den letzten Monaten von der Regierung erhalten hätten. Auch Vorsitzende grosser israelischer Banken hatten sich bereits vor der jüngsten Regierungsentscheidung kritisch geäussert: „Die Investoren, mit denen wir in den letzten Monaten gesprochen haben, sind sehr besorgt über die einseitigen Massnahmen, und ihre und natürlich auch unsere Besorgnis über die Spaltung des Landes führen dazu, dass sie ihre Investitionen stoppen und so ein Schaden verursacht wird, der irreversibel und zerstörerisch für die israelische Wirtschaft sein könnte“, sagte Hanan Friedman, CEO von Leumi.