Israelis haben immer weniger Vertrauen in das Rechtssystem und die Gerichte im Land. Dies zeigt eine Studie der Hebräischen Universität in Jerusalem. Die von Prof. Yonatan Givati und dem Doktoranden Aaron Gerber durchgeführte Untersuchung stützt sich auf eine einzigartige Datenbank, die Rechtswissenschaftlern bisher unbekannt war. Sie enthält Zahlen zum öffentlichen Vertrauen in das israelische Justizsystem von 1991 bis 2018.
Die Forscher stellten fest, dass „nach der Verfassungsrevolution der Prozentsatz der Befragten, die grosses Vertrauen in den Obersten Gerichtshof haben, um etwa 30 Prozent gesunken ist“ und erklärten, dass „kein Gericht in der Welt und keine Institution in Israel in diesem Zeitraum einen so dramatischen Rückgang des Vertrauens in sie erlebt hat.“
Mit der „Verfassungsrevolution“ ist die Verabschiedung des sogenannten Grundgesetzes 1992 gemeint: Dieses hat die Befugnisse der israelischen Justiz drastisch ausgeweitet, so dass sie seitdem auch in der Lage ist, Gesetze der Knesset zu kippen, die nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs gegen normative Menschenrechtsgarantien verstossen. Hierbei standen sich die beiden ehemaligen Präsidenten des Obersten Gerichtshofs Moshe Landau und Aharon Barak mit unterschiedlichen Meinungen gegenüber. Barak vertrat die Ansicht, dass die richterliche Kritik an den Gesetzen der Knesset und die Einmischung der Justiz in politische Fragen das Vertrauen der Öffentlichkeit in das Gericht nicht beeinträchtigen werden. Er behauptete, das Vertrauen bleibe erhalten, solange die Öffentlichkeit von den professionellen Motiven der Richter überzeugt sei und die Richter unparteiisch handelten.
Im Gegensatz zu Barak glaubte Landau, dass die richterliche Revolution das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Obersten Gerichtshof beschädigen würde. Seiner Meinung nach können Gerichte, die über politische und Wertestreitigkeiten entscheiden und die Gesetze der Knesset aufheben, nicht objektiv und neutral handeln.