MAGAZIN – LEBEN IN ISRAEL

Diskussion um ukrainische Flüchtlinge

in Israel Zwischenzeilen/Leben, Kultur & Sport

Die Kritik an dem Umgang mit nicht-jüdischen ukrainischen Flüchtlingen wird in Israel immer lauter: Sowohl innerhalb der Regierung als auch von aussen steigt der Druck, die bisherigen Regelungen abzuändern, um mehr Flüchtlinge ins Land zu lassen – auch nicht-jüdische. Die ukrainische Botschaft hat eine Petition an den Obersten Gerichtshof gerichtet, in der sie fordert, dass Israel Flüchtlinge ohne Obergrenze aufnehmen soll. Innenministerin Ayelet Shaked gab daraufhin bekannt, dass die bisher festgelegte Obergrenze von 25.000 nicht-jüdischer Ukrainer (wovon sich etwa 20.000 bereits jetzt in Israel befinden) nicht für Ukrainer gelten soll, die Angehörige in Israel haben – egal, ob sie sich selbst für eine israelische Staatsbürgerschaft qualifizieren oder nicht.

Nach Angaben der Einreisebehörden sind seit Kriegsbeginn 7.179 ukrainische Staatsbürger in Israel angekommen, 221 wurde die Einreise verweigert. Zum Teil wurde sogar Ukrainern, die Verwandte im Land haben, wie eine Mutter, deren Kind israelische Staatsbürgerschaft hat, die Einreise erschwert: Flughafenpersonal verlangte in einem konkreten Fall eine Art Bürgschaftszahlung in Höhe von 50.000 Schekel (ca. 14.020 Euro, 14.350 CHF), obwohl diese Zahlung im Zuge der neuen Regelungen eigentlich abgeschafft wurden. Andere Flüchtlinge berichten ebenfalls von einem extrem unfreundlichen Empfang durch das Personal am Flughafen und davon, dass sie die Hotelzimmer, die ihnen für den Anfang zur Verfügung gestellt wurden, nicht verlassen dürften. Ganz andere Erfahrungen machen angeblich die jüdischen Neuankömmlinge, die zum Teil vom Ministerpräsidenten Naftali Bennett persönlich empfangen wurden.

Die Solidarität im Land ist aber in jedem Fall riesig. In allen grösseren Städten gibt es unzählige Initiativen, Kleidung und andere wichtige Güter für ukrainische Flüchtlinge zu sammeln – ob jüdisch oder nicht. In Tel Aviv haben sich mehrere Künstler mit ukrainischen Wurzeln zusammengeschlossen, um eine Ausstellung zu organisieren, deren Einnahmen direkt in die Ukraine gespendet werden. In Jerusalem sind bereits in mehreren Demonstrationen Israelis auf die Strasse gegangen, um eine Aufnahme aller Flüchtlinge aus dem vom Krieg erschütterten Land zu fordern. Die linke Regierungspartei Meretz forderte, dass Israel alle Flüchtlinge aufnimmt, „keine Quoten, keine Differenzierung was Religion, Rasse oder Geschlecht angeht. Das ist unsere Pflicht als Israelis und Menschen.“

Eine Kunstausstellung in Tel Aviv sammelt Gelder für die Ukraine (Bild: Khc)
Eine Kunstausstellung in Tel Aviv sammelt Gelder für die Ukraine (Bild: Khc)

Redakteurin Katharina Höftmann Ciobotaru arbeitete im Auslandsbüro der dpa in Tel Aviv und für die WELT ONLINE. Sie lebt als freie Journalistin und Buchautorin in Tel Aviv («Guten Morgen Tel Aviv», «Die letzte Sünde»).

Die neusten Artikel von Israel Zwischenzeilen

Nach Oben