MAGAZIN – LEBEN IN ISRAEL

Ausstellung „Liebe-Tod-Plastik: Ein Weckruf für Israel“

in Israel Zwischenzeilen/Tourismus & Natur

Von Zo Flamenbaum

Über eine Kopfsteinpflaster-Strasse gelangt man zum Sharabiya Haus in Jaffa, wo die schönen Wände wortwörtlich mit Müll bedeckt sind – genauer gesagt mit Millionen kleiner Mikroplastik-Abfällen, die in wundervolle Formen von Korallenriffen, Meerestieren, Fotografien und mehr gebracht wurden. Gesammelt und kreiert wurden die 16 Kunstwerke, die drei Tage lang in der Ausstellung zu sehen waren, von Evelyn Anca, Mitgründerin der Organisation „Plastic Free Israel“.

Die Ausstellung ist eine Kooperation zwischen Evi Art und Up to Us, letztere ist eine Organisation von Experten, die Nachhaltigkeit im urbanen Raum durch kulturelle Veranstaltungen, Unternehmertum und nachhaltiger Unternehmensentwicklung fördern will. „Es gibt keine Erziehung in diesem Land“, beschreibt Anca ihre Inspiration für die Ausstellung, „Kunst ist ein Weg für mich, meine Gefühle über den Schaden, den wir in der Umwelt anrichten, auszudrücken. Je mehr ich mir dessen bewusst werde, desto mehr frustriert es mich – diese Gefühle lasse ich in meine Kunst einfliessen und kann sie so kommunizieren. Hoffentlich können wir so mehr Bewusstsein für die Situation schaffen und die Art, wie wir die Umwelt behandeln, ändern.“

Eine Schildkröte aus vergessenem Strandspielzeug – Evelyn Anca zeigt mit ihrer Kunst, was Umweltverschmutzung bedeutet (Bild: Zo Flamenbaum).

Ancas Arbeit, die unter anderem einen Delfin, eine Schildkröte, ein Seepferd, Quallen und zahlreiche „Korallenriffe“ zeigt, besteht zu 100 Prozent aus recycelten Materialien. Die grösseren Stücke bestehen aus Flaschen, Flaschendeckeln, Rohren, Plastiktüten, Drähten und Dutzenden anderen Abfällen, die hauptsächlich an israelischen Stränden gefunden wurden. Eines ihrer neusten Werke, „gelbbeinige Möwe“ besteht aus mehr als 120 Feuerzeugen und wurde von einer Studie auf den Midwayinseln inspiriert, „eine abgelegene, unbewohnte Insel im nördlichen Pazifik, die bekannt für die höchste Albatross-Sterblichkeit in Folge von Plastikverschmutzung ist. Fast jeder der toten Albatrosse wird mit einem Feuerzeug in seinem Körper gefunden…die gelbbeinige Möwe ist ein Meeresvogel hier in Israel, wo wir ebenfalls unter sehr verschmutzten Stränden, Strassen und Parks leiden. Verschmutzungen, die in einem direkten Zusammenhang mit der Tabakindustrie hängen.“

Andere Kunstwerke wurden komplett aus Zigarettenstummeln hergestellt, inklusive einer Jacke aus 4.000 handgenähten Stummeln, eine Nemo-Fisch aus 2.100 Zigarettenstummeln und einer Babypuppe in Zigarettenstummel-Kleid. Mehr als 4,5 Billionen Kippen landen jährlich in der Umwelt, es handelt sich dabei um den häufigsten Abfall weltweit.

Die Fisch-Figur besteht ausschliesslich aus Zigarettenstummeln (Bild: ZF).

Ein weiterer Ausstellungstisch zeigt ausserdem mehr als 20 Müll-Fundstücke aus dem Kidron Jaffa Park, die gezeigten Gegenstände, wie Strandschippe oder eine Packung Pflaumenmarmelade, sind mit ihrem Herstellungsdatum versehen, manche von ihnen sind über 50 Jahre alt. Eine unglaubliche Rechercheleistung, für die Anca unter anderem Werbeanzeigen in alten Zeitungen und das Nationalarchiv durchforstete. „Der Beweis, wie lange Plastik in der Umwelt bleibt“, steht auf einem Schild daneben und fordert Besucher dazu auf, sich vorzustellen, wie viele Jahre die Plastikartikel, die wir heute nutzen, uns überleben werden.

Die Veranstaltung zeigt den massiven Einfluss, den Mikroplastik auf die Umwelt hat. Auf die Frage, warum die Ausstellung „Liebe, Tod und Plastik“ heisst, antwortet Anca: „Ich empfinde so viel Liebe für die Natur, Liebe die wir alle empfinden sollten. Diese Welt ist es, die uns Leben gibt und doch verursachen wir so viel Tod, mit Plastik – und so viele sehen das noch nicht einmal. Ganz einfach ausgedrückt, wir sollten das besser machen, aber wir tun es nicht. Es liegt an uns.“

(aus dem Englischen von Katharina Höftmann Ciobotaru)

Müll aus den letzten 50 Jahren: Plastik bleibt lange als Verschmutzung bestehen (Bild: ZF).

Redakteurin Katharina Höftmann Ciobotaru arbeitete im Auslandsbüro der dpa in Tel Aviv und für die WELT ONLINE. Sie lebt als freie Journalistin und Buchautorin in Tel Aviv («Guten Morgen Tel Aviv», «Die letzte Sünde»).

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