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Schoko-Banana-Eis und Plastikstühle: Tel Aviv durch die Linse von Street Photographer Ido Biran

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Fast jeder in Tel Aviv hat irgendwann, irgendwo schon mal eines der Kultfotos von Ido Biran gesehen. Ob das berühmte Schoko-Banana-Eis oder die gelben Plastikstühle am Tel Aviver Strand. Kaum jemand vermag das Flair der Stadt so einzufangen wie der ehemalige Architekt, der seinen Job in einem lukrativen Architekturbüro vor zwei Jahren an den Nagel gehängt hat. Ohne zu wissen, wo seine Wege hinführen, schnappte der 36-Jährige sich seine Kamera und zog durch die Strassen Tel Avivs. Sehr schnell wurde aus den Streifzügen eine Leidenschaft. Heute zählt Ido zu den angesehensten Street-Fotografen der Metropole…

Dieses Interview ist ein Gastbeitrag von Naomi Bubis und erschien im Original auf ihrem Blog telavivnotes

Telavivnotes: Ido, war das nicht gewagt, deine gut bezahlte Arbeit hinzuschmeissen und ins Ungewisse zu springen?

Ido Biran: Doch, ich fühlte mich als stieg ich von einer Leiter und balanciere zwischen den Sprossen. Quasi in der Luft hängend. Aber wenn ich heute zurückblicke, waren die letzten zwei Jahre sehr produktiv. Ich stehe jeden morgen auf und entdecke die Stadt aufs neue. Und ich liebe meine Arbeit. Tel-Avivi (so heissen die Bewohner von Tel Aviv) ist mein Herzensprojekt.

Der Tel Aviver Strand gehört zu den Lieblingsmotiven von Ido Biran (Bild: Ido Biran)
Der Tel Aviver Strand gehört zu den Lieblingsmotiven von Ido Biran (Bild: Ido Biran)

Telavivnotes: Wo lebst du in Tel Aviv?

Ido Biran: Ich bin vor ein paar Jahren nach Jaffo gezogen. Nicht in die touristische Altstadt, sondern in die Nähe von Sderot Yerushalaim im hinteren Teil, Off-Jaffo. Es ist total anders, als im Norden der Stadt, wo ich vorher gelebt habe. Hier leben Araber und Juden zusammen, es ist ein Viertel der Kontraste mit historischen Facetten. Die Atmosphäre inspiriert mich für meine Bilder.

Strassenfotografie gibt es schon seit den 30er Jahren. In den letzten Jahren feiert die Fotografiekunst zwischen Dokumentation und Paparazzi-Bildern auch dank sozialer Netzwerke wie Instagram und Facebook ihr grosses Revival. Ob Mode, Architektur, Strassenszenen oder Portraits – Street Photography widmet sich spannenden Motiven, die sozusagen „auf der Strasse“ gefunden werden. Neben Ido Biran und seinem Projekt Tel Avivi liefern u.a. Humans of Jerusalem, Humans of Tel Aviv und Teddy Cohen spannende Strassenfotografie aus Israel.

Das berühmte Schoko-Banana-Eis (Bild: Ido Biran)
Das berühmte Schoko-Banana-Eis (Bild: Ido Biran)

Telavivnotes: Fehlt dir die Arbeit als Architekt nicht?

Ido Biran: Nein, ich mag es, die Welt durch meine Linse zu betrachten und Momente festzuhalten. Ich habe in Los Angeles Architektur studiert, mein Vater lebt in New York. Als ich nach Tel Aviv zurück kam, habe ich einen attraktiven Job als Innendesigner gefunden und mehrere Lokale und Geschäfte der Stadt eingerichtet, wie etwa den Diesel-Shop.

Telavivnotes: Gab es einen Auslöser für den Wandel?

Ido Biran: Ich habe schon immer fotografiert, hatte bereits Ausstellungen in Los Angeles, New York und Tel Aviv. Anfangs fotografierte ich Strassenschilder. Heute verkaufe ich meine Bildmotive auch auf Postern, Magneten, Postkarten und Frühstücksbrettchen…

Telavivnotes: Frühstücksbrettchen?

Ido Biran: Ja, das ist ein Projekt, zu dem ich bei einem Besuch meiner Schwester in Berlin inspiriert wurde. Da sah ich diese Brettchen der Firma “Berliner Töchter” mit coolen Motiven aus dem Berliner Alltag. Da dachte ich mir, das ist genial. Heute verkaufe ich meine Brettchen mit Szenen aus dem Tel Aviver Alltag im Bauhaus-Zentrum auf der Dizengoffstrasse und in einer Galerie in Jaffo.

Tel Aviver Winter (Bild: Ido Biran)
Tel Aviver Winter (Bild: Ido Biran)

Telavivnotes: Verstehen die Israelis das Frühstücksbrettchen? Es ist doch ein sehr deutsches Produkt.

Ido Biran: Ja, die Resonanz ist grossartig. Berlin und Tel Aviv haben ja auch viel gemeinsam. Die Leute kaufen meine Brettchen. Es gibt so einige Motive, auf die Tel Aviver richtig abfahren, so wie das Schoko-Banane Eis am Stiel. Bis jetzt gibt es das Motiv zwar noch nicht als Brettchen, aber das mag folgen. Jeder, der hier aufgewachsen ist, kennt die Eisverkäufer mit den Styroporkisten am Strand, die “Schoko Banana” rufen, um ihr Eis zu verkaufen. Das Close-Up ist ein Kultfoto für viele Tel Aviver und erweckt Erinnerungen.

Telavivnotes: Woran arbeitest du zur Zeit? Welche Kamera benutzt du?

Ido Biran: Ich habe zwei Jahre lang an meinem Projekt Tel-Avivi gearbeitet, einem urbanen Mosaik der Stadt. Zur Zeit stelle ich das Projekt in einer Pop-Up-Galerie im Künstlerviertel Florentin aus. Ich fotografiere mit der Sony Alpha 7a meist mit einem 35mm Objektiv.

Neben Strandmotiven weiss Biran auch den Rest der Stadt perfekt in Szene zu setzen, wie hier das Habima Theater bei Nacht (Bild: Ido Biran)
Neben Strandmotiven weiss Biran auch den Rest der Stadt perfekt in Szene zu setzen, wie hier das Habima Theater bei Nacht (Bild: Ido Biran)

Wer nicht vor Ort ist, kann auf Ido Birans Webpage die Fotos betrachten und auch online Gadgets, Poster und Brettchen kaufen.

Instagram von Ido Biran
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Webseite Ido Biran

Redakteurin Katharina Höftmann Ciobotaru arbeitete im Auslandsbüro der dpa in Tel Aviv und für die WELT ONLINE. Sie lebt als freie Journalistin und Buchautorin in Tel Aviv («Guten Morgen Tel Aviv», «Die letzte Sünde»).

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