Das Massaker vom 7. Oktober war erst wenige Tage her, als eine Gruppe Freiwilliger in der Beduinenstadt Rahat ein Spendenzentrum einrichtete, in dem Juden und Araber Hand in Hand arbeiteten, um Lebensmittel und humanitäre Hilfspakete für die von der Tragödie am stärksten betroffenen Familien zusammenzustellen.
Die Initiative findet im Kulturzentrum von Rahat in der südlichen Negev-Wüste Israels statt und wurde von Foad Zeadna, dem Leiter des örtlichen Gemeindezentrums, organisiert. Sein Cousin und drei seiner Kinder, die in Holit, einem Kibbuz an der Grenze zum Gazastreifen, arbeiteten, sind seit dem Hamas-Angriff vermisst. Wahrscheinlich wurden sie von Terroristen entführt. Ein weiteres Familienmitglied wurde in Zikim ermordet. Insgesamt wurden 22 arabische Israelis von den Terroristen ermordet, und sieben weitere werden noch vermisst.
Zeadna wollte der schlimmen Tragödie irgendetwas positives entgegensetzen und rief Freiwillige aus der jüdischen und arabischen Gesellschaft im ganzen Land dazu auf, Hunderte von Lebensmittelpaketen für die den Terroristen zum Opfer gefallenen Familien zu packen, die aus allen Teilen Israels stammen.
Jedes Paket trägt einen Aufkleber mit der Aufschrift „Partner im Schicksal“, die Spenden wurden sowohl von jüdischen als auch von arabischen Familien getätigt. „Die Terroristen machten keinen Unterschied zwischen den Religionen, und auch die Raketen machen keinen Unterschied. Jüdische und arabische Familien haben ihre Angehörigen und ihre Häuser verloren. Auf den Listen der entführten und vermissten Personen finden sich Juden und Araber. Im ganzen Land herrschen grosser Schmerz und grosse Angst“, erklärt Zeadna gegenüber der Nachrichtenseite I24.
Die Beduinenstämme des Negev gehörten auch zu den ersten, die freiwillige Teams aus 600 Personen organisierten, um nach vermissten Israelis zu suchen. „Wir hörten von vermissten Personen sowohl aus der arabischen als auch aus der jüdischen Gemeinschaft und wussten, dass wir helfen konnten, weil wir uns in der Gegend aussergewöhnlich gut auskennen…Wir teilten uns in den Autos auf, so dass es Leute gab, die für verschiedene Dinge zuständig waren: Informationen sammeln, Rettung und erste Hilfe leisten“, erzählte Sleman Shlebe aus dem Dorf Bir Hadaj in einem Bericht der Zeitung Haaretz.
In Jaffa hatte sich direkt am Abend des 7. Oktobers eine gemeinsame arabisch-jüdische Zivilgarde organisiert, die zwar unbewaffnet ist, aber trotzdem die Strassen patrouilliert, um die Polizei zu alarmieren falls irgendwo Gewalt ausbricht. Inzwischen gehören mehr als 1.000 Personen zu dieser Gruppe. In Tel Aviv haben eritreische Asylbewerber Mahlzeiten für Tausende israelische Binnenflüchtlinge gekocht. Und in Haifa räumen arabische und jüdische Bewohner gemeinsam die Bunker auf, um auf einen möglichen Angriff der Hisbollah aus dem Norden vorbereitet zu sein: „Wir müssen von der Koexistenz zur Partnerschaft übergehen. Und die Aktion zu den Unterkünften zementiert diese Partnerschaft“, erklärt Naser Odat, einer der Initianten des Projekts in der Times of Israel, und Sali Abed, eine der Anführerinnen der arabisch-jüdischen, linksgerichteten politischen Bewegung „Rov Hair“, fügt hinzu: „Es gibt jetzt keine politischen Gefühle mehr. Nur gemeinschaftliche Solidarität.“