Manuskripte enthüllen Geschichte äthiopischer Juden

in Israel Zwischenzeilen/Medizin & Wissenschaft

Im Rahmen eines Workshops der Universität Tel Aviv wurden zwei außergewöhnlich gut erhaltene Orit-Manuskripte entdeckt – zentrale heilige Texte der äthiopisch-jüdischen Gemeinschaft Beta Israel. Sie stammen aus dem 15. Jahrhundert und sind die ältesten bekannten Exemplare der Orit, die je gefunden wurden.

„Während die äthiopische Manuskripttradition vom 14. bis zum 20. Jahrhundert bekannt ist“, erklärt Prof. Dalit Rom-Shiloni, Gründerin und Leiterin des Programms, „sind nur sehr wenige heilige Texte aus dem 14. Jahrhundert erhalten, und selbst solche aus dem 15. Jahrhundert sind rar. Wir haben herausgefunden, dass unter den Kesim – den religiösen Führern der Beta Israel –, die in verschiedenen Teilen Israels leben, Manuskripte aus dem frühen und späten 15. Jahrhundert erhalten sind. Dies war der Wissenschaft bisher nicht bekannt.“

In Zusammenarbeit mit der Nationalbibliothek Israels und dem Ethiopian Jewish Heritage Center baut das Projekt derzeit ein digitales Archiv äthiopisch-jüdischer Handschriften auf. „Die Manuskripte bleiben in den Händen ihrer Hüter“, betont die Projektleiterin. „Wir nehmen sie nicht aus der Gemeinde heraus – stattdessen bringen wir die Kameras zu den Manuskripten, niemals umgekehrt.“

Derzeit umfasst das Archiv siebzehn heilige Schriften, darunter die beiden Orit-Manuskripte aus dem 15. Jahrhundert. Für Bibelwissenschaftlerin Rom-Shiloni ist das erst der Anfang: „Wir wollen das Archiv weiter ausbauen. Viele einzigartige Manuskripte befinden sich noch im Besitz von Familien in ganz Israel. Unser Appell richtet sich an die Kesim und ihre Nachkommen: Helft uns, dieses kostbare Erbe zu bewahren.“

Eine Version des Buches Exodus aus dem 15. Jahrhundert (Bild: Ted Erho)

Redakteurin Katharina Höftmann Ciobotaru arbeitete im Auslandsbüro der dpa in Tel Aviv und für die WELT ONLINE. Sie lebt als freie Journalistin und Buchautorin in Tel Aviv («Guten Morgen Tel Aviv», «Die letzte Sünde»).