MAGAZIN – LEBEN IN ISRAEL

Umstrittenes Urteil im Prozess um vertauschte Babys

in Israel Zwischenzeilen/Medizin & Wissenschaft

Ein israelisches Gericht hat Anfang der Woche ein früheres Urteil in einem aufsehenerregenden IVF-Verwechslungsskandal aufgehoben: Ein zweijähriges Mädchen, das 2022 bei einem Embryotransfer im Kinderwunschzentrum der falschen Frau eingesetzt wurde, soll bei den Eltern bleiben, die es bisher aufgezogen haben, und nicht an seine genetischen Eltern übergeben werden.

Das Urteil revidiert eine Entscheidung des Familiengerichts Rishon Lezion vom November, das die Übergabe an die genetischen Eltern angeordnet hatte. Das Central District Court erkannte die „grosse Hingabe“ der leiblichen Mutter an und betonte, dass ein Kind nicht der Frau entzogen werden sollte, die es geboren hat. Die genetischen Eltern dürfen engen Kontakt halten, und Sophia soll später über ihre Herkunft aufgeklärt werden. Die Verwechslung im Assuta Medical Center in Rishon Lezion wurde entdeckt, als medizinische Probleme beim Fötus auftraten und Tests ergaben, dass weder die schwangere Frau noch ihr Ehemann die biologischen Eltern waren. Sophias genetische Eltern zeigten sich „schockiert und bestürzt“ über das Urteil und sprachen von einer staatlich sanktionierten Ungerechtigkeit. Sie betonten, dass es im besten Interesse des Kindes sei, in ihrer biologischen Familie aufzuwachsen, und erwägen weitere rechtliche Schritte.

Künstliche Befruchtung ist in Israel weit verbreitet und wird sogar für alleinstehende Frauen von der Krankenkasse bezahlt. Eine Untersuchung des Gesundheitsministeriums ergab, dass die Embryoverwechslung im Assuta Medical Center 2022 auf schwere Protokollverstösse durch hohe Arbeitsbelastung zurückzuführen war. Auch in anderen Kinderwunschzentren wurden solche Verstösse festgestellt. Daher ordnete das Ministerium 2022 an, die Fruchtbarkeitsbehandlungen in Kinderwunschkliniken im Land deutlich zu reduzieren.

Israel ist bekannt für seine sehr hoch entwickelte IVF-Medizin (Bild: Pixabay).

Redakteurin Katharina Höftmann Ciobotaru arbeitete im Auslandsbüro der dpa in Tel Aviv und für die WELT ONLINE. Sie lebt als freie Journalistin und Buchautorin in Tel Aviv («Guten Morgen Tel Aviv», «Die letzte Sünde»).

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