MAGAZIN – LEBEN IN ISRAEL

Eine ganze Nation mit Gebrochenes-Herz-Syndrom

in Israel Zwischenzeilen/Medizin & Wissenschaft

Eine medizinische Studie in Israel hat erstmals einen Zusammenhang zwischen dem so genannten Gebrochenes-Herz-Syndrom und dem nationalen Trauma festgestellt und einen 100%igen Anstieg der Fälle seit dem 7. Oktober aufgezeigt. Die Forschungsergebnisse wurden Anfang des Monats auf der Konferenz der Israelischen Kardiologischen Vereinigung vorgestellt. Die Untersuchung wurde unter der Leitung von Prof. Eli Lev, Direktor der Kardiologie, und Dr. Yuhavl Kahila am Assuta-Krankenhaus in Ashdod durchgeführt und beinhaltete die Zusammenarbeit mit medizinischen Zentren im ganzen Land.

In den Wochen nach dem 7. Oktober verzeichnete beispielsweise das Barzilai-Krankenhaus in Aschkelon fünf Fälle des Syndroms, im Vergleich zu einem Fall im gleichen Zeitraum 2022.
Prof. Lev erklärt: „Der Anstieg war landesweit fast doppelt so hoch. Die Hypothese ist, dass der extreme psychische Stress [der Ereignisse vom 7. Oktober] zu einem Anstieg des Syndroms bei allen Einwohnern des Staates Israel geführt hat.“ Während normalerweise nur ein Fünftel der Patienten herzversagensähnliche Komplikationen erleidet, stellten die Barzilai-Ärzte einen Anstieg von bis zu 66 Prozent der schweren Fälle fest.

Simulierter Herzinfarkt

„Es handelt sich beim Gebrochenes-Herz-Syndrom um ein Syndrom, das einen durch psychischen oder physischen Stress verursachten Herzinfarkt simuliert“, erläutert Prof. Lev weiter, „und es ist das erste Mal, dass wir einen klaren Zusammenhang zwischen dem Syndrom und einem nationalen Trauma sehen – und die Tatsache, dass die Daten in der Studie im ganzen Land und nicht nur im Süden gesammelt wurden, zeigt dies.“

„Bisher wurden die meisten Beschreibungen des Syndroms von Patienten nach persönlichen Krisen wie dem Tod eines Verwandten und anderen schwierigen Ereignissen berichtet, und mir ist in der Fachliteratur keine Beschreibung des Syndroms nach einem nationalen Trauma bekannt“, sagte der Professor.

Das Syndrom des gebrochenen Herzens, manchmal auch Takotsubo-Kardiomyopathie genannt, ist eine seltene Krankheit, die durch starke Belastungen oder emotionales Leid ausgelöst werden kann. Die Symptome können wie ein Herzinfarkt aussehen und zu ernsten und lebensbedrohlichen Komplikationen führen.

Auch Geisel-Angehörige und Geiseln selbst leiden unter dem Syndrom

Obwohl es keine offizielle Diagnose gibt, haben Verwandte von Yossi Meir, dem Vater der kürzlich geretteten Geisel Almog Meir Jan, seinen Tod in der Nacht, bevor er von der Rückkehr seines Sohnes erfuhr, auf Trauer zurückgeführt. „In der Nacht vor Almogs Rückkehr [zu meinem Bruder] hat sein Herz aufgehört zu schlagen“, berichtete Meirs Schwester Dina gegenüber KAN News – auch hierbei könnte es sich um die Folgen des Gebrochenes-Herz-Syndroms gehandelt haben.

Die Tochter der freigelassenen Geisel Hannah Katzir sprach ebenfalls über die Herzprobleme ihrer Mutter und erklärte, auch sie leide am „Gebrochenes-Herz-Syndrom“. Hannah Katzirs Sohn Elad wurde am 7. Oktober als Geisel genommen und im April von der Armee tot aufgefunden, ihr Ehemann Rami wurde direkt am 7. Oktober von Terroristen ermordet.

Form der linken Herzkammer normal und abweichend bei Broken Heart Syndrom (Grafik: Jakov and Sciencia58 und CardioSecur, Wikimedia Commons).

Redakteurin Katharina Höftmann Ciobotaru arbeitete im Auslandsbüro der dpa in Tel Aviv und für die WELT ONLINE. Sie lebt als freie Journalistin und Buchautorin in Tel Aviv («Guten Morgen Tel Aviv», «Die letzte Sünde»).

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