MAGAZIN – LEBEN IN ISRAEL

Rating-Agentur stuft Israels Wirtschaft erstmals runter

in Israel Zwischenzeilen/Wirtschaft & Innovation

Die Rating-Agentur Moody’s hat die Kreditwürdigkeit Israels aufgrund der Auswirkungen des Krieges von A1 auf A2 herabgestuft. Darüber hinaus senkten die Experten auch den Ausblick Israels von stabil auf negativ, was bedeutet, dass eine weitere Herabstufung in der Zukunft für möglich gehalten wird. Damit hat Moody’s die drastischste Massnahme ergriffen, die möglich ist, und selbst die pessimistischsten Marktprognosen überrascht. Dies ist das erste Mal, dass Moody’s die Kreditwürdigkeit Israels herabgesetzt hat.

Die Analysten von Moody’s erklärten: „Der Hauptgrund für die Herabstufung des israelischen Ratings auf A2 ist die Einschätzung von Moody’s, dass der andauernde militärische Konflikt mit der Hamas, seine Nachwirkungen und weiterreichenden Folgen das politische Risiko für Israel wesentlich erhöhen sowie die exekutiven und legislativen Institutionen und die Finanzkraft des Landes auf absehbare Zeit schwächen.“ Ausserdem kritisierte die Agentur, dass die USA und andere Regierungen ein Konzept für den „Tag danach“ vorgeschlagen haben, das die Einrichtung eines neuen „Regierungsrahmens“ und einer neuen Führung im Gazastreifen vorsieht. Diese wurde jedoch von der israelischen Regierung abgelehnt. Der negative Ausblick wurde damit begründet, dass auch in Israels Norden ein Krieg mit der libanesischen Hisbollah drohe.

Der Gouverneur der israelischen Zentralbank, Amir Yaron, forderte die Regierung als Konsequenz auf, die Haushaltsprioritäten und wirtschaftlichen Probleme anzugehen. Yaron wies darauf hin, dass die Gründe für die Herabstufung durch Moody’s die „Ungewissheit hinsichtlich des Zeitpunkts und der Art und Weise des Kriegsendes, die Auswirkungen des Krieges auf die Bereitschaft der Regierung und der Knesset, sich mit zentralen wirtschaftlichen und sozialen Fragen zu befassen, sowie die Veränderung der Haushaltslage“ seien.

Der Zentralbankchef bekräftigte, dass die Bank of Israel der Regierung bereits „eine Reihe von Möglichkeiten vorgestellt hat, in diesem Sinne zu handeln“, um den Anstieg der Verteidigungs- und Zivilausgaben (beispielsweise für die Sanierung der vom Krieg verwüsteten südlichen Gemeinden entlang der Grenze zum Gazastreifen) auszugleichen.

Regierung hat Finanzprioritäten nicht angepasst

Israels aktuelle Regierung wurde jedoch wiederholt von Experten dafür kritisiert, dass sie es versäumt hat, die Finanzierungsprioritäten im überarbeiteten Haushalt 2024 anzupassen, mit dem der Konflikt finanziert werden soll und der noch von der Knesset genehmigt werden muss. Die Regierung hat lediglich pauschale Kürzungen veranlasst, anstatt Ministerien zu streichen, die als überflüssig gelten. Insbesondere die ultraorthodoxen Parteien wurden dafür kritisiert, dass sie weiterhin auf Geldern zur Finanzierung von Bildungseinrichtungen bestehen, die nicht den Anforderungen der Kernlehrpläne entsprechen.

„Der lokale Finanzmarkt hat die Herabstufung der Bonität erwartet, nicht aber den damit einhergehenden negativen Ausblick“, erklärte Yaniv Pagot, Leiter des Handels an der Börse von Tel Aviv. „Die gelbe Karte, die Israel im Rahmen der Herabstufung erhalten hat, verpflichtet die Regierung, dringend Massnahmen zu ergreifen, um einen Schneeballeffekt weiterer Herabstufungen in der Zukunft zu verhindern.“

Die israelischen Finanz- und Premierminister reagierten auf die Entscheidung der Ratingagentur lediglich mit anklagenden bzw. relativierenden Erklärungen. Eine Strategie zum Umgang mit der verschlechterten Kreditwürdigkeit wurde bisher nicht vorgestellt.

Die Lobby im Gebäude der Tel Aviver Börse: Hier fürchtet man einen Schneeball-Effekt (Bild: Yaniv Morozovsky, Wikimedia Commons).

Redakteurin Katharina Höftmann Ciobotaru arbeitete im Auslandsbüro der dpa in Tel Aviv und für die WELT ONLINE. Sie lebt als freie Journalistin und Buchautorin in Tel Aviv («Guten Morgen Tel Aviv», «Die letzte Sünde»).

Die neusten Artikel von Israel Zwischenzeilen

Nach Oben