Eigentlich sollte der Künstler Pilpeled, mit bürgerlichen Namen Nir Peled, für ein Kunstprojekt Traktorenkreise in Felder beim Kibbuz Beit Guvrin fahren. Als er jedoch die Höhlen in der Nähe sah, war er sofort fasziniert. „Ich habe meine Sommerpause und andere Projekte aufgegeben, bin jede Woche zum Beit-Guvrin-Nationalpark gefahren und entdeckte jedes Mal eine neue Geschichte. Diese Geschichten und Bilder wurden schliesslich zu einer Ausstellung.“
Eine Ausstellung, die seit ihrer Eröffnung im August bereits hunderte Besucher angezogen hat und noch bis Ende Oktober läuft. Eine wichtige Attraktion für die Höhlen von Beit Guvrin, in denen vor vier Jahren mehrere Steine herunterkrachten, was dazu führte, dass der Tourismus deutlich zurückging – auch wenn die Sicherheit inzwischen u.a. mit der Anbringung mehrerer Säulen längst wieder hergestellt ist. Der Beit Guvrin-Nationalpark erstreckt sich insgesamt über fünf Quadratkilometer und liegt etwa 60 Kilometer von Jerusalem entfernt, er umfasst auch die Überreste der antiken Stadt Tel Maresha. Die Stätte blickt auf eine bewegte Geschichte zurück, die von der Zeit des Ersten Tempels bis in die Neuzeit reicht.
Insgesamt gibt es mindestens 800 glockenförmige Höhlen im Park (und 2.000 in der Umgebung), von denen einige durch unterirdische Tunnel verbunden sind. Die meisten der Höhlen wurden zwischen dem 4. und 9. Jahrhundert abgebaut, als Kreide zur Herstellung von Strassen, Gips und Mörtel verwendet wurde. In der Höhlendecke befindet sich ein meterweites Loch, in dem die Kreide abgebaut wurde. Die berühmteste dieser Höhlen, die Glockenhöhle, beheimatet nun temporär die Ausstellung von Pilpeled.
Eine Reise in die jüdische Geschichte
Für Pilpeled war die Ausstellung auch eine Reise in die jüdische Geschichte: „Der Name der Ausstellung ‚Die Reflexion der Idee‘ entstand in Anlehnung an das Platonsche Höhlengleichnis, aber ich wollte jüdische Helden in diesen Zusammenhang bringen.“ So sieht man in der Ausstellung ua. eine Videoprojektion von Samson, der sich die Haare schneidet. „Samson wurde in der Gegend von Bet Guvrin geboren und lebte dort“, erklärt Pilpeled, „Er war einer der ersten Superhelden in der Geschichte. Und wie jeder Superheld hatte er sein eigenes ‚Kryptonit‘, das ihm schaden konnte – in seinem Fall war es die Liebe. Delilah trickst ihn aus und schneidet seine Haare, die Quelle seiner Kraft, nachts heimlich. Am Ende der Geschichte von Samson ist er jedoch nicht mehr verliebt. Und er schneidet sich selbst die Haare, weil er weiss, dass sie wieder nachwachsen werden.“
An den Wänden hat der 37-Jährige Künstler aus Tel Aviv sowohl den Titel der Ausstellung als auch andere Sätze in Ivrit Kduma geschrieben, das ist das antike Hebräisch und die zweite geschriebene Sprache auf der Welt, nach den Hieroglyphen. Begleitet werden die Film- und Bildprojektionen an den Höhlenwänden von einem speziellen, einzigartigen Soundtrack, den der Musiker Rejoicer für diese Ausstellung gemacht hat – „gemeinsam haben wir die Geschichten und die Höhle zum Leben erweckt“ beschreibt Pilpeled die besondere Erfahrung.
Nir Peled, bekannt als Pilpeled, ist ein israelischer zeitgenössischer Künstler, Grafikdesigner und Illustrator sowie Gründer der Bekleidungs- und Accessoiremarke Pilpeled. Pilpeled ist für seinen monochromen Stil bekannt, und seine Arbeiten sind auf Wandgemälden in der ganzen Welt, in Galerien und Museen zu finden. Er hat u.a. mit grossen Marken wie Puma, Coca-Cola und Absolut Wodka kooperiert.
Die Ausstellung „Die Reflexion der Idee“ kann von Donnerstag bis Samstag, immer abends ab ca. 19 Uhr im Nationalpark Beit Guvrin besichtigt werden.