MAGAZIN – LEBEN IN ISRAEL

„Israel war mein Wunschjob“

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Urs Bucher ist der neue Schweizer Botschafter in Israel. Obwohl er erst seit September 2021 im Land ist, hat er schon eine wesentliche Sache über Israel verinnerlicht: Man ist hier diskussionsfreudig. Das gefällt ihm. Wir haben mit dem Botschafter über seine Pläne und Erwartungen für seine Dienstzeit im Land gesprochen…

Als der Container endlich nach zweieinhalb Monaten ankam, hat sich Urs Bucher am meisten über seine CDs gefreut. Musik ist für den 60-Jährigen Diplomaten die einzige universelle Sprache. Er erinnert sich noch gerne, wie der Intendant des ‘Lucerne Festival’ Michael Haefliger gemeinsam mit dem Architekten Arata Isozaki und dem britischen Künstler Anish Kapoor während Buchers Zeit als Botschafter in Japan eine aufblasbare Konzerthalle in Fukushima aufgestellt hat. Nach dem Unglück dort, auch Botschafter Bucher erlebte über Monate jeden Tag Erdbeben, war die Musik der „Seelenbalsam“, wie er erzählt. Auch in Israel würde er gerne Musik zu einem seiner großen Themen machen. Begonnen hat er schon im Kleinen mit einem Nachtessen, das er kürzlich für den Schweizer Dirigenten Philippe Jordan gab, der in Israel bei den Tel Aviver Philharmonikern zu Gast war.

„In Zeiten von Corona ist meine Arbeit eine besonders Herausforderung. Das ist ein bisschen wie Fussballspielen ohne Ball. Wegen der Pandemie wurden die Flugverbindungen ausgedünnt, wir empfangen hier in Israel fast keine Schweizer Delegationen mehr. Und auch im Land sind Besuche und Treffen schwieriger. Gerade erst in der vergangenen Woche wurden Termine, die ich in der Knesset hatte, wegen Corona abgesagt. Man möchte eigentlich ausschwärmen und Leute treffen, gerade diese menschlichen Kontakte und Besuche sind ja so wichtig, aber es geht nicht recht. Hoffentlich ändert sich das bald.“

Eine diplomatische Karriere ohne Israel ist unvorstellbar

In der Zwischenzeit hat der Botschafter, der zuvor u.a. in Brüssel und Tokio im Einsatz war, Zeit, sich mit der israelischen Kultur vertraut zu machen. Zwar war er vor seinem Aufenthalt schon öfter im Land zu Besuch, aber immer nur im Urlaub. „Die Gegend hier ist seit jeher der Mittelpunkt des politischen Interesses und ich kann mir eine diplomatische Karriere ohne einen Aufenthalt im Nahen Osten nicht vorstellen, Israel war definitiv mein Wunschjob.“ In seiner Vorbereitung auf die Arbeit in Israel wurde Urs Bucher ein Stammgast bei Twitter, dort folgt er über 200 verschiedenen Accounts, die aus Israel senden: „Die decken wirklich das ganze politische Spektrum ab und mich fasziniert die enorme Vielfalt der Meinungen im Land. Dabei unterscheidet sich der Stil der politischen Debatte markant von dem in der Schweiz – in Israel wird sehr viel direkter und bisweilen konfrontativer argumentiert.“ Angst macht ihm das übrigens nicht, im Gegenteil, der Botschafter sieht sich selbst als sehr „debattenerprobt“ und freut sich auf den Meinungsaustausch mit unterschiedlichen israelischen Stimmen.

Das Bild der Schweiz in Israel schätzt er schon als sehr positiv ein und möchte es lediglich „vervollständigen“ wie er sagt. „Man kennt die Schweiz hier für unsere schöne Natur und die Pünktlichkeit, aber wir wollen den Israelis auch zeigen, dass wir ebenfalls Innovationschamps sind, ebenfalls eine Startup-Nation und zwar eine, die großen Wert auf langfristige Stabilität legt. Die etwas auch für die kommenden Generationen aufbaut.“ Botschafter Bucher glaubt, dass Israelis und Schweizer hier sehr voneinander profitieren können. In diesem Sinne möchte er die Arbeit seines Vorgängers, Jean-Daniel Ruch, der extra die Stelle einen Innovationsberaters in der Botschaft geschaffen hatte, fortführen.

Auch die Zusammenarbeit mit den circa 22.000 Auslandsschweizern, die in Israel leben, möchte er weiter vertiefen. „Unsere Landsleute sollen nicht nur ihre Rechte in der Schweiz kennen, ich möchte auch, dass die Botschaft ihnen ein hervorragender Ansprechpartner ist und bleibt. Alle, die irgendwie einen Bezug zur Schweiz haben, sollen bei uns ihr Drehkreuz finden. Wenn jemand eine gute Idee hat, zum Beispiel Schweizer Jazz-Musiker für ein Konzert nach Israel zu bringen, können sie auf unsere Hilfe zählen.“

Der neue Schweizer Botschafter in Israel, Urs Bucher, mit der Zwischenzeilen-Redaktorin Katharina Höftmann Ciobotaru (Foto: KHC).

Weitere Informationen:

Link zur Schweizerischen Botschaft in Tel Aviv

Redakteurin Katharina Höftmann Ciobotaru arbeitete im Auslandsbüro der dpa in Tel Aviv und für die WELT ONLINE. Sie lebt als freie Journalistin und Buchautorin in Tel Aviv («Guten Morgen Tel Aviv», «Die letzte Sünde»).

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