MAGAZIN – LEBEN IN ISRAEL

Reiseführer in Corona-Zeiten: „Es gab eine Welle an Absagen“

in Israel Zwischenzeilen/Tourismus & Natur

Im vergangenen Jahr erlebte der Reiseführer Schmuel Kahn kaum einen Tag, an dem er mal Luft holen konnte: „Wir haben ja ständig Rekordzahlen an Touristen gehabt und meine Touren waren alle ausgebucht“. Kahn arbeitet seit acht Jahren als Tourguide und ist dabei vor allem auf pädagogische Programme, Delegationen und Privatbesucher für Führungen im ganzen Land spezialisiert. Seine letzte Tour führte er am 4. März – dann verhängte die israelische Regierung wegen der steigenden Coronazahlen weltweit eine Einreisesperre für Nicht-Israelis und damit brach der ausländische Tourismus im Land vollkommen ein: „Es gab eine Welle an Absagen. Zuerst war ich sogar froh, ein bisschen mehr zu Hause zu sein. Ich weiss noch, dass ich bei Facebook gepostet habe, dass ich eine Freiwilligenarbeit oder ähnliches für ein, zwei Monate suche – man konnte sich ja gar nicht vorstellen, wie lange das andauern würde.“

Schmuel Kahn bei einer Tour durch Yad Vashem (Bild: privat)

Nach wie vor ist völlig unklar, wann Israel das Land wieder für Touristen öffnet. Auch der lokale Tourismus liegt durch einen anhaltenden Lockdown und die Schliessung aller Hotels und Restaurants weiterhin brach. Über die Runden kommen Kahn und seine Frau vor allem deswegen, weil sie weiterhin einer festen Arbeit nachgeht. „Ich habe natürlich ein paar Zahlungen von der Regierung bekommen, aber finanziell sind die Einbussen trotzdem riesig. Dazu kommt, dass die Kommunikation des Tourismusministeriums ingesamt nicht besonders ist. Auf dem Höhepunkt der Krise trat der Tourismusminister zurück und wir haben keinerlei Informationen mehr bekommen.“

Mittlerweile versucht Kahn, der seine Touren auf deutsch, englisch und hebräisch gibt, das Beste aus der Situation zu machen. Er macht seine Ausbildung zum Heilpädagogen zu Ende und besucht weitere Kurse zur Fortbildung. Und immerhin, Kahn geht jetzt als Tourguide in der Corona-Zeit völlig neue Wege: Seine virtuellen Jerusalem-Rundgänge, bei denen er zum Teil live-Führungen macht bzw. die Führung vorher mit einer Kamera aufnimmt und dann über eine Zoom-Veranstaltung zeigt und dazu erzählt, sind durchaus beliebt. Vor allem in Zeiten, in denen auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz viele Menschen im Lockdown festsitzen und sich freuen, wenn ihnen jemand „Jerusalem nach Hause auf die Bildschirme“ bringt.

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Gepostet von Schmuel Kahn – Israel Tour Guide am Samstag, 7. November 2020

Redakteurin Katharina Höftmann Ciobotaru arbeitete im Auslandsbüro der dpa in Tel Aviv und für die WELT ONLINE. Sie lebt als freie Journalistin und Buchautorin in Tel Aviv («Guten Morgen Tel Aviv», «Die letzte Sünde»).

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