MAGAZIN – LEBEN IN ISRAEL

Weihnachten in Israel

in Israel Zwischenzeilen/Reportagen

Obwohl Israel historisch gesehen das Land ist, in dem Weihnachten begann, ist es nicht immer einfach, dieses besondere Weihnachtsfeeling im Nahen Osten zu spüren. Wir haben mit Menschen gesprochen, denen es trotzdem gelingt…

Von Katharina Höftmann

Der Weihnachtsmann in Jaffa kommt aus Italien. Auch die Renntiere, die Engel und die Schneemänner – alle Italiener. Weihnachten hat hier, wo statt Tannen Palmen beleuchtet werden, im Hafen von Jaffa vis-a-vis mit den alten Fischkuttern, ein ganz besonderes Flair. Den „Christmas Spirit“ wolle man, laut der Stadtverwaltung Tel Aviv, mit dem erstmalig stattfindenden Weihnachtsmarkt in den Süden der Stadt holen. Veranstaltungen für Kinder, die feierliche Beleuchtung des Weihnachtbaums und Kochkurse sind nur einige der Highlights, die sich die Organisatoren überlegt haben. Und wirklich: Kommt man abends den zugigen Weg aus Jaffas Altstadt entlanggelaufen, die Temperaturen nicht so viel höher als in grossen Teilen Europas, sieht der Weihnachtsmarkt von weitem fast ein wenig aus wie seine etablierteren Geschwister in Berlin oder Zürich.

Der Weihnachtsmarkt in Jaffa (Bild: KH)
Der Weihnachtsmarkt in Jaffa (Bild: KH)

Lichterketten, Sterne und Weihnachtsengel – in Eilat

Für Barbara Pfeffer, deutsche Honorarkonsulin in Eilat, hat Weihnachten ganz viel mit der Dekoration zu tun: Tagelang werden Möbel verschoben, Lichterketten aufgehangen, Sterne geklebt und Vorhänge gewechselt so lange bis das ganze Haus glänzt und glitzert und der riesige Tisch gedeckt ist. Allerdings kommen ihre Porzellanfiguren nicht aus Italien, sondern sind grösstenteils aus Deutschland mitgebracht. Und der Weihnachtsengel sitzt gerne auch vor der Channukia, dem Kerzenleuchter, in dem während des jüdischen Channukah-Festes die Kerzen angezündet werden.

Weihnachtsdekoration im Haus von Barbara Pfeffer (Bild: privat).
Weihnachtsdekoration im Haus von Barbara Pfeffer (Bild: privat).

Für Pfeffer, die bereits seit 30 Jahren in Israel lebt, ist Weihnachten auch im Nahen Osten ein Muss: „Wir haben bei uns im Haus in Eilat schon immer Weihnachten gefeiert. Nicht das religiöse, sondern das traditionelle, gemütliche.

Erst mit den Kids der Nachbarschaft, die jedes Jahr halfen, den Baum zu schmücken. Und heute, wo mein Sohn aus dem Haus ist, mit allerlei Besuchern.“ So bestaunen nicht nur die Deutsch-Schüler der Rabin Highschool aus Eilat die festliche Dekoration, sondern auch Freunde und Bekannte, allen Alters und aller Religionen. Dass es dabei Glühwein und Bratäpfel gibt, ist für die Honorarkonsulin ebenso eine Selbstverständlichkeit, wie ihr Spendenaufruf statt Geschenke: „Es sind immer turbulente und auch anstrengende Tage. Aber die Gesichter der Gäste, egal wie alt und woher, die jedes Mal aufleuchten und strahlen und sich umgucken und Freude haben wir kleine Kinder, entschädigen mich für alles.“

Der Einzelhandel hat die Feiertage für sich entdeckt

Während es im Jüdischen Staat noch vor einigen Jahrzehnten undenkbar war, Weihnachten zu feiern, häufen sich heute vor allem in Einzelhandel und Gastronomie immer mehr festliche Dekorationen, die mit dem jüdischen Lichterfest verbunden werden und teilweise auch weihnachtliche Elemente wie Lichterketten oder geschmückte Bäume enthalten. Nun könnte man glauben, dass Weihnachtsfeierlichkeiten in dem Land, in dem Weihnachten ja immerhin geboren wurde, eine Selbstverständlichkeit sind – die Wahrheit ist aber, dass man in Israel nach Weihnachten suchen muss, wie nach einer Nadel im Heuhaufen der Stallkrippe Jesus‘. Und wenn man sich nicht an (auch) christlich geprägten Orten wie Nazareth, Jaffa oder Jerusalem aufhält, könnte man das Fest der Liebe, das in Ländern wie Deutschland und der Schweiz für so viel Aufregung und Vorbereitungswahnsinn sorgt, fast verpassen.

Viele Israelis wissen die europäischen Weihnachtsmärkte zwar auf Kurztrips zu schätzen, aber in ihrem Heimatland können sie sich das christliche Fest nicht so recht vorstellen: „Ich würde gerne auch mit der israelischen Familie meines Mannes Weihnachten feiern, aber das kommt dort nicht besonders gut an“, erzählt Haike Winter, die 1997 nach Israel kam und mit ihrem Mann und 6-Jährigen Sohn in einem Kibbuz im Norden des Landes wohnt. Vor allem für ihren Sohn Sinai sind sowohl der Nikolausstiefel als auch kleine Weihnachtsgeschenke Teil der jährlichen Tradition. Und auch wenn Haike Winter die besondere Weihnachtsstimmung, die sie aus Deutschland kennt, schon manchmal in Israel vermisst, ist sie doch froh darüber, dass es im Gelobten Land weniger konsumorientiert zugeht: „Am Ende hat mich das in Deutschland nur noch genervt. Und auf die Kälte haben wir auch gar keine Lust mehr.“

Haike Winter und ihr Sohn im Haus vom Nikolaus in Haifa (Bild: privat).
Haike Winter und ihr Sohn im Haus vom Nikolaus in Haifa (Bild: privat).

Weihnachten ohne Einkaufs- oder Kochstress

Viele der so genannten Expats fliegen trotzdem an den Feiertagen zu ihren Familien nach Hause, so wie auch die Schweizerin Dania Zatorski: „Bei uns zu Hause in Israel herrscht zwar Weihnachtsstimmung, ich backe Kekse und wir feiern jedes Jahr im Advent während Chanukkah ein ‚Christmukkah‘ Fest mit all unseren jüdischen und christlichen Freunden, Glühwein, Weihnachtskeksen, Latkes und Sufganiot – aber für die Feiertage fliegen wir in die Schweiz, um mit der Familie zusammen zu sein.“

Andere nehmen die besonderen Chancen war, die Israel bietet: Ob ein Besuch auf dem Weihnachtsmarkt in Nazarath oder der Gang zur Weihnachtsmesse in Jerusalem oder Bethlehem. Und das ist das wahrscheinlich tollste am Weihnachtsfest in Israel: Es gibt keinen Einkaufs- oder Kochstress und trotzdem kann man Weihnachten finden, wenn man es denn sucht.

Weihnachtliche Beleuchtung an einem Tel Aviver Restaurant (Bild: KH)
Weihnachtliche Beleuchtung an einem Tel Aviver Restaurant (Bild: KH)

Weitere Informationen:

Übersicht des Aussenministeriums über Weihnachtsfeierlichkeiten in Israel (englisch)

 

 

 

 

Redakteurin Katharina Höftmann Ciobotaru arbeitete im Auslandsbüro der dpa in Tel Aviv und für die WELT ONLINE. Sie lebt als freie Journalistin und Buchautorin in Tel Aviv («Guten Morgen Tel Aviv», «Die letzte Sünde»).

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