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Jaffa, ein Stadtteil im Wandel

in Israel Zwischenzeilen/Reportagen

Jaffa, die zweite Hälfte der Metropole Tel Aviv-Yafo, ist der älteste Teil der Stadt und derjenige, der sich am rasantesten verändert. In der Gegend um den Flohmarkt kann man fühlen, wie neu und alt sich zu einem Mix verbinden, den man so aufregend und spannend kaum irgendwo anders im Land findet…

Von Katharina Höftmann

Wenn man auf dem Kopfsteinpflaster der Gassen von Jaffa entlangwandert, fühlt sich alles auf einmal ein wenig wie Jerusalem an. Wäre nicht das Meer, das hier und da, wie ein Mosaikstein um die Ecken blinzelt und die Skyline Tel Avivs mit ihren Hochhäusern, die einen daran erinnern, wo man eigentlich ist. Die Hafenstadt Jaffa, sie bildet einen aufregenden Kontrast zum neuen, erst 1909 gegründeten Tel Aviv. Jaffa, zu Deutsch „die Schöne“ gab es bereits in der Antike, seit der Bronzezeit siedelten Menschen im alten Hafen von Jaffa. Ägyptische Inschriften erwähnen die Stadt bereits um 2000 v. Chr. und der jüdische Tanach erzählt im Buch Jona von diesem Ort. Seit mehr als 3000 Jahren ist Jaffa ein Schmelztiegel, nicht nur von Kulturen, sondern auch von Religionen. Gleichzeitig ist Jaffa der Stadtteil der Metropole Tel Aviv-Jaffa, der sich in den letzten Jahren am rasantesten verändert hat.

Malerisches Jaffa – die Hafenstadt ist der älteste Teil von Tel Aviv-Jaffa (Bild: Noam.armonn/Wikimedia).
Malerisches Jaffa – die Hafenstadt ist der älteste Teil von Tel Aviv-Jaffa (Bild: Noam.armonn/Wikimedia).

Vor zehn Jahren noch stand ein Grossteil der historischen Gebäude kurz vor dem Verfall – wie sehr sich die Zeiten geändert haben, sieht man auch am Hafengelände und der sich dort anschliessenden Promenade. Die Kedem Strasse, zu der man einst höchstens ging, um im arabischen Restaurant „The Old Man and the Sea“ einzukehren, hat sich zu einer der luxuriösesten Wohngegenden Tel Avivs gemausert. Hier leben vor allem viele so genannte Expats, Diplomaten und Botschaftsmitarbeiter – Israelis, egal ob arabisch oder jüdisch, können sich die Gegend, in der immer mehr Häuser mit Blick aufs Meer gebaut und saniert werden, schon lange nicht mehr leisten.

Gentrifizierung ist ein schwieriges Politikum in Jaffa

Die Gentrifizierung macht auch vor Jaffa nicht halt. In dem vorwiegend arabischen Stadtteil ist sie jedoch ein besonders schwieriges Politikum, sind doch viele der Zugezogenen jüdische Israelis, die von ihren arabischen Nachbarn nicht immer freundlich begrüsst werden. „Wenn die Juden kommen, steigen die Preise. Wir können uns hier doch schon lange keine Wohnungen mehr leisten. Schon gar nicht kaufen“, berichtet Ahmad, der auf der Yefet-Strasse einen kleinen Kiosk betreibt. Die Juden flüchten aus dem überfüllten Tel Aviv, mit seinen horrenden Wohnungspreisen in neu gebaute Häuser im Norden von Jaffa. Und immer mehr finden sogar Gefallen an dem ehemaligen Problembezirk Ajami, dem mit dem gleichnamigen Film im Jahre 2009 ein bewegendes Denkmal gesetzt wurde. Ajami, das waren damals sozial schwache, arabische Familien und viel Kriminalität, heute wohnen jüdische Familien Tür an Tür mit ihren arabischen Nachbarn. Dazwischen liegen bewachte Wohnanlagen wie Fremdkörper.

Der Clocktower – Wahrzeichen von Jaffa und Anziehungspunkt für Touristen (Bild: Random/Wikimedia).
Der Clocktower – Wahrzeichen von Jaffa und Anziehungspunkt für Touristen (Bild: Random/Wikimedia).

Der Wandel in Jaffa, einem Stadtteil, der wie eine einzige grosse Baustelle daher kommt, er ist, trotzdem immer noch an jeder zweiter Ecke ein Muezzin zum Gebet ruft, deutlich spürbar. Touristenbusse spucken im Minutentakt Besucher aus und an jeder zweiten Ecke steht ein Hochzeitspaar und lässt sich fotografieren. Dieses Disneyland-Jaffa, wie manche Anwohner es nennen, gab es früher so nicht.

Restaurants, Galerien und kleine Boutiquen haben auch die früher als eher schmuddlig bekannte Gegend um den Flohmarkt völlig verändert. Eines dieser neuen Geschäfte ist Madafim, ein Design-Shop des schweizerisch-israelischen Pärchens Michelle Holtz und Dov Rattan. Die Architektin und der Produktdesigner leben selbst seit fast zwei Jahren in Jaffa. Das Zusammenleben mit den arabischen Nachbarn ist nicht immer einfach: „Wir haben einfach unterschiedliche Mentalitäten“, erklärt Dov Rattan und seine Partnerin ergänzt: „Trotzdem ist gerade die Gegend hier am Flohmarkt etwas besonderes. Die Händler hier unterstützen einander, egal ob jemand neu ist wie wir oder schon seit 25 Jahren seine Teppiche auf dem Markt verkauft. In Jaffa wurde das Alte nicht einfach vom Neuen ersetzt – beide Welten leben nebeneinander.“

Im Geschäft Madafim können israelische Künstler ihre Arbeiten verkaufen – das Geschäft wird von einem schweizerisch-israelischen Pärchen betrieben und kuriert (Bild: Presse).
Im Geschäft Madafim können israelische Künstler ihre Arbeiten verkaufen – das Geschäft wird von einem schweizerisch-israelischen Pärchen betrieben und kuriert (Bild: Presse).

In „Madafim“, zu Deutsch „Regale“, einem besonderen Kunstgeschäft, das israelischen Designern in einem ungewöhnlichen Ambiente einen Platz anbietet, um ihre Werke zu verkaufen, treffen sich Alteingesessene genauso wie Touristen. Es ist eine der vielen Inseln, die es in Jaffa gibt und die zeigen, dass Neues sehr inspirierend sein kann und dass hier trotz allem etwas Echtes entsteht, dass irgendwie typisch israelisch ist…

 

Tipps für Besucher:

Market House Hotel – ein Boutique-Hotel der besonderen Art, Beit Eshel St. 5

Restaurant The Old Man and the Sea, Kedem St. 85

Shop Madafim, Rabbi Aha St. 4

 

 

 

Redakteurin Katharina Höftmann Ciobotaru arbeitete im Auslandsbüro der dpa in Tel Aviv und für die WELT ONLINE. Sie lebt als freie Journalistin und Buchautorin in Tel Aviv («Guten Morgen Tel Aviv», «Die letzte Sünde»).

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