MAGAZIN – LEBEN IN ISRAEL

Gastbeitrag: Wir glauben, dass wir etwas ändern können

in Israel Zwischenzeilen/Reportagen

Viele israelische Jugendliche organisieren sich in so genannten „Jugendparlamenten“. In diesem Gastbeitrag erfahren wir aus erster Hand, wie sich Teenager in Israel engagieren und welche Ziele sie verfolgen…

Von Alona Yerushalmi, 17 Jahre

Früher waren es die Erwachsenen, die die Entscheidungen in der Familie, der Gemeinde, im Lande und überhaupt in der Welt getroffen haben. Zwei Weltkriege, die rasante Entwicklung verschiedener Technologien und bessere Bildungschancen haben die Welt im Allgemeinen und auch uns junge Menschen erheblich verändert. Wir wollen uns nicht mehr blind führen lassen, sondern selbst Staats-und Regierungschefs beeinflussen können.

Die israelische Jugend von heute glaubt fest daran, dass sie Dinge ändern kann. Wir tun dies auf viele verschiedene Arten: Eine der Möglichkeiten ist die Einrichtung des „Schüler- oder Jugendparlaments“ welches die Bedürfnisse der Jugendlichen der Stadt bzw. des Landes oder der Gemeinde vertritt. Diese Schulräte werden natürlich durch die Schüler gewählt, der Schulrat wiederum wählt den Gemeinderat und der stellt den Bezirksrat zusammen. Im letzten Schritt wird der höchste Rat, der Landesjugendrat, gewählt. All diese Institutionen sind für die Rechte und Bedürfnisse der Schüler im Lande verantwortlich. Sie diskutieren die verschiedenen Probleme und Themen, die für uns Jugendliche wichtig sind und versuchen diese zu lösen und zu verbessern.

Wie viele engagierte Jugendliche es in Israel gibt, kann man gut auf dem zweitägigen Kongress, der jährlich vom internationalen Zionistenverband veranstaltet wird, sehen. Rund 1.000 junge Menschen, Delegierte aller Jugendräte, Jugendbünde und Organisationen sind dort in diesem Jahr zusammengekommen.

Rund 1.000 Jugendliche nahmen an dem Kongress des internationalen Zionistenverbands teil (Bild: privat).
Rund 1.000 Jugendliche nahmen an dem Kongress des internationalen Zionistenverbands teil (Bild: privat).

In Shoham, dem Ort, in dem ich wohne, leben mehr als 4.000 Jugendliche (von insgesamt 20.000 Einwohnern). Unser Jugendparlament wird von 30 Delegierten geführt. Wie in der Stadtregierung, haben auch wir einen Vorsitzenden, einen Schatzmeister (das bin ich), einen Sprecher und alle anderen nötigen Positionen um einen richtigen Rat führen zu können. Unser Jugendparlament vertritt die Altersgruppen von der 7. Klasse bis zur 12. Klasse. Die Wahlen zum Rat werden demokratisch und diskret geführt. Selbstverständlich werden dort nur Mitglieder von Schülerräten oder anderen Mitgliedern der verschiedenen Jugendbünde gewählt, da diese einen wichtigen Teil der Jugend darstellen und so auch deren Bedürfnisse kennen und verstehen.

Was sind Jugendparlamente?

In Jugendparlamenten nehmen die jungen Vertreter Interessen für Kinder und Jugendliche gegenüber den jeweiligen Gemeinden wahr. Oft verfügen die Institutionen sogar über einen kleinen Etat, mit dem sie verschiedene Aktionen verwirklichen können. Das Themenspektrum reicht hierbei von der Freizeitgestaltung bis hin zu gesellschaftlichen Herausforderungen. In Israel verfügt mittlerweile fast jede Stadt über solche von den Kindern und Jugendlichen organisierten Initiativen, die oft in den Schulen gegründet werden. Eine Besonderheit stellen die Jugendparlamente in so genannten „gemischten Städten“ wie Jaffa, Haifa oder Akko dar: Hier geht es vor allem darum, Toleranz und Dialoge zu fördern.

Da Shoham ziemlich klein ist, gibt es hier nicht viel zu tun. Ein Beispiel für eine unserer gelungenen Initiativen ist, dass wir einen nächtlichen Busverkehr in die nächst grosse Stadt organisiert haben – dieser Shuttle fährt die Jugendlichen, die beispielsweise ins Kino wollen, gegen 21 Uhr in die Stadt und bringt sie um 1 Uhr morgens wieder sicher nach Hause. Das ist eine gute Lösung für diejenigen, die noch keinen Führerschein haben, aber trotzdem ausgehen wollen. Eine andere Aktion, die wir schon seit drei Jahren veranstalten, ist, dass wir am Silvesterabend, gegen 21:30 an der Ausfahrt von Shoham stehen (selbstverständlich in Begleitung der Zivilpolizei) und den Bewohnern, die auf dem Weg zu Partys sind, einen Alkohol-Blut Test mitgeben – so wollen wir auf die Gefahr, unter Einfluss von Alkohol zu fahren, aufmerksam machen. Wir sind sicher, dass diese kleine Geste Leben retten kann.

Die Jugendlichen von Shoham machen Autofahrer darauf aufmerksam, nicht betrunken zu fahren (Bild: privat).
Die Jugendlichen von Shoham machen Autofahrer darauf aufmerksam, nicht betrunken zu fahren (Bild: privat).

 

Darüber hinaus haben wir vor kurzem eine Jugendwoche organisiert. Jeden Abend gab es eine andere Veranstaltung: Vom Sportturnier über einen Spielabend bis hin zu einem Talentwettbewerb für lokale Bands. Das Highlight war wie immer, dass unser Jugendparlament das offizielle Stadtparlament und den Bürgermeister einen ganzen Tag lang vertreten bzw. begleiten durfte. Durch diese spannende Aktion lernen wir, wie Lokalpolitik funktioniert. Zum Abschluss der Jugendwoche wird dann Freiwilligen als Dank für ihren Einsatz eine Auszeichnung verliehen. In diesem Jahr wurde ich geehrt und habe die Auszeichnung im Namen des Jugendparlaments erhalten. Ich war sehr stolz.

Ich weiss, dass mein Beitrag an die Jugend keine Zeitverschwendung ist und bin sicher, dass all das, was ich lerne, mir in Zukunft von Nutzen sein wird.

Alona Yerushalmi (vierte von rechts unten) und das Jugendparlament von Shoham mit dem Bürgermeister (Bild: privat).
Alona Yerushalmi (vierte von rechts unten) und das Jugendparlament von Shoham mit dem Bürgermeister (Bild: privat).

 

Weitere Informationen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Da Shoham ziemlich klein ist, gibt es hier nicht viel zu tun. Ein Beispiel für eine unserer gelungenen Initiativen ist, dass wir einen nächtlichen Busverkehr in die nächst grosse Stadt organisiert haben – dieser Shuttle fährt die Jugendlichen, die beispielsweise ins Kino wollen, gegen 21 Uhr in die Stadt und bringt sie um 1 Uhr morgens wieder sicher nach Hause. Das ist eine gute Lösung für diejenigen, die noch keinen Führerschein haben, aber trotzdem ausgehen wollen.

Eine andere Aktion, die wir schon seit drei Jahren veranstalten, ist, dass wir am Silvesterabend, gegen 21:30 an der Ausfahrt von Shoham stehen (selbstverständlich in Begleitung der Zivilpolizei) und den Bewohnern, die auf dem Weg zu Partys sind, einen Alkohol-Blut Test mitgeben – so wollen wir auf die Gefahr, unter Einfluss von Alkohol zu fahren, aufmerksam machen. Wir sind sicher, dass diese kleine Geste Leben retten kann.

 

 

Redakteurin Katharina Höftmann Ciobotaru arbeitete im Auslandsbüro der dpa in Tel Aviv und für die WELT ONLINE. Sie lebt als freie Journalistin und Buchautorin in Tel Aviv («Guten Morgen Tel Aviv», «Die letzte Sünde»).

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